Streit über Ablauf der Kür von Junckers Nachfolger

Frankreichs Präsident Macron (l.) und EU-Kommissionspräsident Juncker.
Nicht wer es sein wird, sondern wie der nächste EU-Kommissionschef bestimmt wird, ist in Brüssel Gegenstand wachsend heftiger Debatten.

Prominente Namen, wer nächster Chef oder Chefin der EU-Kommission werden könnte, gäbe es viele: Jener von EU-Außenbeauftragter Federica Mogherini etwa fällt immer wieder oder jener von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, wird genannt. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici werden Ambitionen nachgesagt. Sie alle haben eines gemein – ihre Chancen, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nächstes Jahr zu beerben, stehen bei nahezu Null, sollte es beim derzeitigen Wahlverfahren blieben.

Denn nach der seit 2014 gehandhabten Praxis kürt jene Fraktion im Europäischen Parlament den nächsten Kommissionschef, die die EU-Parlamentswahlen 2019 gewinnt. Vieles deutet darauf hin, dass die konservative EVP wie schon zuletzt als Siegerin hervorgehen wird. Mogherini, Vestager, Lagarde und Moscovici aber gehören anderen Parteienfamilien an.

Widerstand wächst

Bei Liberalen, Grünen und anderen kleineren Parteien regt sich entsprechender Widerstand. Auch Frankreichs Präsident Macron, der mit seiner neuen Partei keiner der herkömmlichen EU-Parlamentsfraktionen zuzurechnen ist, kamen Zweifel: Das bisherige Verfahren sei nicht in Stein gemeißelt. Kritik äußerten auch Polen, Portugal, Slowakei, Tschechien, Litauen, Ungarn und die Niederlande.

"Das Europäische Parlament wird keinen Millimeter davon abrücken", stellt hingegen Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament im Gespräch mit dem KURIER fest. "Der Spitzenkandidat, der die Wahl gewinnt, wird Kommissionspräsident." Auf nationaler Ebene sei dies auch nicht anders, so Karas. "Der Wahlgewinner wird mit der Regierungsbildung beauftragt."

Maria Joao Rodrigues, Vize-Chefin der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, teilt diese Linie, "auch wenn dies derzeit die Europäische Volkspartei favorisieren könnte". Entscheidend sei schließlich, so die portugiesische Abgeordnete zum KURIER, "dass die europäischen Wähler an diesem Verfahren teilhaben. Bei den EU-Parlamentswahlen küren sie ihre Vertreter, und diese wiederum wählen den nächsten Chef der Kommission."

Dass die Sozialdemokraten auf diesem Weg ihre eigene Position unterminieren könnten, weist Rodrigues zurück. "Wir sind echte Demokraten. Und wer bei den nächsten Wahlen gewinnt... in der Politik weiß man das nie. Alles kann sich ändern."

Bis spätestens Jahresende wollen nun alle Fraktionen im Europäischen Parlament ihren jeweiligen Spitzenkandidaten aufstellen. Dem späteren Wahlsieger, der dann auf Vorschlag des EU-Parlaments Kommissionschef werden soll, müssen auch noch die EU-Staats- und Regierungschefs mit qualifizierter Mehrheit zustimmen.

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