Außerdem bekommen in Italien geborene oder adoptierte Kinder automatisch die Staatsbürgerschaft, wenn zumindest einer der Elternteile Italiener ist. In diesem Fall spricht man vom Ius sanguinae.
Ein System, das für Tajani eine vollkommen aus der Zeit gefallene Einstellung vertritt. Vor ein paar Tagen versuchte er in einem Interview mit der Tageszeitung la Repubblica Parteikollegen und Koalitionspartner wach zu rütteln: „Hallo Jungs, Italien hat sich geändert! Allein in den letzten zwei Jahren sind 170.000 Ukrainer gekommen.“ Die letzte Umfrage zu diesem Thema ist aus dem Jahr 2022 und zeigt, dass die Mehrheit der Italiener für das Ius scholae eintritt. Das wäre eine erhebliche Erleichterung des Zugangs zu einem italiensichen Pass.
Der rechtsnationale Lega-Chef Matteo Salvini, ebenfalls stellvertretender Premier und Infrastrukturminister, läuft dagegen Sturm. Er sieht bei diesem Thema rot und ließ den Kollegen wissen: „Ohne mich!“
Andrea Crippa, Vizechef der Lega, verwies auf Eurostaat-Daten: „Italien ist in Europa das Land mit den meisten Einbürgerungen“, man müsse also nicht noch mehr Einbürgerungen vornehmen. Tatsächlich lag Italien 2022 mit 213.716 von insgesamt 989.940 Einbürgerungen in der EU an erster Stelle.
Das Mitte-Links-Lager freut sich über die Debatte: Zum einen, weil die Einbürgerung, vor allem die der Kinder, zu seinen politischen Kampfthemen zählt; ginge es nach der Demokratischen Partei (PD), sollte man, wie in den USA, einem Kind, das in Italien geboren ist, automatisch die Staatsbürgerschaft geben.
Eine Konfrontation, die sich von Tag zu Tag zuspitzt. Vorgestern ließ sich Tajani mit einem schwarzen Kind im Arm fotografieren.
Salvini wurde wiederum bei Regierungschefin Giorgia Meloni vorstellig.
Doch während sich die zwei Parteichefs aus der Ferne zu übertrumpfen versuchen, schweigt Meloni. Sie selbst befürwortete einst das Ius scholae. Jetzt will sie aber ihre Wähler weder an die Lega noch an FI verlieren.
In Italien leben rund 5 Millionen Ausländer mit Aufenthaltsgenehmigung, sie machen knapp neun Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Etwa 59 Millionen zählt die Bevölkerung, ihre Zahl ist wegen der niedrigen Geburtenrate im Land rückgängig
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