Steger: "So gewinnt man keinen einzigen Wähler"

Norbert Steger
Rassistische Aussage. Blauer Ex-Vizekanzler kritisiert FPÖ-Spitzenkandidat Andreas Mölzer.

"Nekrophil" und "Neger": Bisweilen ist der phonetische und inhaltliche Unterschied dieser Begriffe ein geringer – zumindest für Andreas Mölzer. Nachdem der FPÖ-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl am Wochenende noch bestritt, die EU als "Negerkonglomerat" bezeichnet zu haben, korrigierte er sich erst ein wenig (er habe nicht "Negerkonglomerat", sondern "nekrophiles Konglomerat" gesagt); und dann, am Montag, recht ordentlich – die Fakten zwangen ihn. Denn die Süddeutsche Zeitung, die Mölzers verbalen Ausritt enthüllt hatte, legte eine Aufnahme vor, auf der "Negerkonglomerat" zu hören ist. So kam es, dass Mölzer die "Fehlleistung" eingestehen und sich öffentlich entschuldigen musste.

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache blieb gestern nichts übrig, als seinem Frontmann die Mauer zu machen. Mölzer spreche im Zusammenhang mit der EU ja öfter von "Nekrophilie", sagte der Parteichef der Blauen. Mit der Entschuldigung sei die Sache für ihn, Strache, aber "gegessen und erledigt".

Gegessen vielleicht, aber längst nicht verdaut. Denn in mehreren Landesparteien ist man ob der Entgleisung sauer auf Mölzer. "Der Andreas ist klug und ein alter Hase. So etwas passiert ihm nicht. Der wollte wieder provozieren – und vertreibt die gemäßigten Wähler", heißt es im Umfeld des Bundesparteichefs.

Warum aber hält Strache Mölzer? Dafür gibt es, so erklären blaue Strategen, zwei handfeste Gründe.

Rücktrittsforderung

Der eine heißt Wahlkampf: Würde Strache Mölzer zum Rücktritt drängen, käme den Freiheitlichen im Intensiv-Wahlkampf ihr Spitzenkandidat abhanden – im besten Fall. Im schlimmsten Fall führt die Auseinandersetzung zu einem Machtkampf, der über Wochen währen kann. Nichts schadet dem Ansinnen, FPÖ-Wähler zur Urne zu lotsen, mehr.

Mölzers Machtbasis, und damit kommt der zweite Grund ins Spiel, sind nicht die Burschenschafter, sondern seine Zeitung. Seit 1997 gibt der gebürtige Steirer die deutsch-nationale, stramm rechtskonservative Schrift Zur Zeit heraus. Und die landet in 22.000 FP-affinen Haushalten. Kurzum: Das Blatt gilt als Parteizeitung. "Mit der Zeitung stürzt Mölzer natürlich keinen Parteichef", sagt ein blauer Parlamentarier. "Aber er kann einem den Alltag Woche für Woche vermiesen – vor allem im Wahlkampf."

So kommt es auch, dass gestern kaum jemand zitabel Kritik an Mölzer üben wollte. Einer traute sich dann doch, nämlich Norbert Steger.

Der von Jörg Haider gestürzte Ex-Parteichef, zu dessen 70er die FPÖ gestern einen Festakt inszenierte, muss bei den Blauen nichts mehr werden – entsprechend offen äußert er sich über den Mölzer-Ausritt. "Ich bin es eigentlich leid, über solche Themen überhaupt zu reden", sagt Steger zum KURIER. "Nur eine Bemerkung dazu: Mit solchen Aussagen gewinnt man für die FPÖ sicher keinen einzigen Wähler." Und Steger weiter: Die Freiheitlichen "täten gut daran, wenn sie den Wählern eine Chance lassen, sie bei der EU-Wahl auch zu wählen".

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