Staaten geben immer mehr Geld für Atomwaffen aus

Die Titan II war die schwerste je von den USA in Dienst gestellte Interkontinentalrakete. Ausgemusterte Titan-II-Raketen wurden zwischen 1988 und 2003 als Trägerraketen für Satelliten und Raumsonden genutzt.
Die Gefahr des Einsatzes atomarer Waffen sei größer als je zuvor seit dem Kalten Krieg, meint SIPRI-Direktor Dan Smith.

Die Atommächte geben laut einem Bericht immer mehr Geld für ihre Nuklearwaffenarsenale aus. Die Ausgaben im Jahr 2021 stiegen im Vergleich zum Vorjahr um fast neun Prozent auf insgesamt 82,4 Milliarden Dollar (79 Mrd. Euro), wie aus einem am Dienstag veröffentlichten Bericht der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) hervorgeht.

Allein die USA gaben demnach im vergangenen Jahr 44,2 Mrd. Dollar für ihr Atomwaffenprogramm aus - ein Plus von 12,7 Prozent. China investierte 11,7 Mrd. Dollar und damit 10,4 Prozent mehr als 2020. Auch die Ausgaben von Russland (8,6 Mrd. Dollar), Frankreich (5,9 Mrd. Dollar) und Großbritannien (6,8 Mrd. Dollar) stiegen leicht an.

Pakistans Investitionen stiegen von einer Milliarde auf 1,1 Mrd. Dollar. Indien reduzierte seine Ausgaben hingegen von 2,5 auf 2,3 Mrd. Dollar. In Israel, das sich nie offiziell zum Atomwaffenbesitz bekannt hat, blieben die Ausgaben dem Bericht zufolge konstant bei 1,2 Mrd. Dollar. Nordkorea steckte mit 642 Millionen Dollar etwas weniger Geld in sein Atomwaffenprogramm als im Vorjahr (700 Mio. Dollar).

"Die Atomwaffenstaaten haben 2021 weitere 6,5 Milliarden Dollar ausgegeben und waren nicht in der Lage, eine Atommacht daran zu hindern, einen Krieg in Europa zu beginnen", erklärte ICAN-Forschungskoordinatorin Alicia Sanders-Zakre. Dies mache deutlich, "dass Atomwaffen nichts nützen."

Atomwaffenarsenale werden wachsen

Am Montag hatte das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI davor gewarnt, dass die Atomwaffenarsenale der neun Atommächte im kommenden Jahrzehnt wieder wachsen werden.

Auch die Gefahr des Einsatzes atomarer Waffen sei größer als je zuvor seit dem Kalten Krieg, so SIPRI-Direktor Dan Smith. Alle Atommächte würden ihre Lager vergrößern oder modernisieren, ein Großteil verschärfe auch die "nukleare Rhetorik" und stärke die Rolle von Atomwaffen in ihrer militärischen Strategie, heißt es darin.

Generell gebe es klare Anzeichen für das Ende des kontinuierlichen Abbaus der globalen Atomwaffenarsenale, das die Zeit nach dem Kalten Krieg charakterisierte, so Wilfred Wan, Direktor des SIPRI-Programms für Massenvernichtungswaffen, in einer Aussendung.

Von geschätzten 12.705 Sprengköpfen der neun Atomstaaten - neben den USA und Russland das Vereinigte Königreich, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea - befanden sich laut den Stockholmer Friedensforschern Anfang des Jahres 9.440 in militärischen Lagern für potenzielle Verwendung. Davon seien etwa 3.732 nukleare Sprengköpfe einsatzbereit und rund 2.000 in höchster Alarmbereitschaft - beinahe alle davon im Bestand der USA oder Russlands.

Ukraine-Krieg schürt Angst vor Atomwaffen

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI ortet mit Blick auf den Ukraine-Krieg ein erhöhtes Risiko für den Einsatz von Atomwaffen. Diese Gefahr besteht demnach weniger im Gebrauch solcher Waffen in der Ukraine, als vielmehr darin, dass sich der Krieg in eine Konfrontation zwischen Russland und NATO ausweiten könnte.

Neu sei das nicht: Russland hat dem Westen seit dem Jahr 2005 schon mehrere Male mit dem Einsatz nuklearer Waffen gedroht, weist Sipri-Experte Hans M. Kristensen hin. Neu sei jedoch, dass solche Drohungen zeitgleich mit einem konventionellen Krieg in Europa kämen. Es gebe jedoch keinerlei Hinweise auf Schritte zum Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine.

Die Drohungen richteten sich vielmehr gegen die NATO. "Sie erinnern die Leute daran: "Wir haben Atomwaffen. Macht nichts Dummes"." Aber das Risiko einer nuklearen Konfrontation habe sich durch die Spannungen zwischen Russland und der NATO jedenfalls erhöht, sagte Kristensen.

A Sarmat intercontinental ballistic missile is test-launched in Arkhangelsk region

Rhetorisch lässt der russische Präsident Putin die nuklearen Muskeln spielen. Ende April unterstrich er etwa, dass es ihm mit einem möglichen Atomwaffen-Einsatz ernst sei. Demonstrativ ließ er eine Sarmat-Rakete (NATO-Codename: SS-X-30 Satan 2) testen. "Das ist eine wirklich einzigartige Waffe", sagte Putin dazu. Es werde auf lange Zeit nichts Ebenbürtiges geben auf der Welt. Die Rakete könne unabhängig von allen internationalen Sanktionen in Serie gehen - und zwinge "jene zum Nachdenken, die im Feuereifer einer abgebrühten, aggressiven Rhetorik versuchen, unser Land zu bedrohen".

Die Sarmat hat eine Reichweite von 18.000 Kilometern und ist mit atomaren Sprengköpfen bestückbar. Damit kann Russland sowohl über den Nord- als auch über den Südpol fast alle Ziele der Welt erreichen.

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