Sputnik V: Ernüchterung nach dem großen Exportversprechen
Russlands selbst verkündeter Triumph der Impfstoffdiplomatie überzeugt nicht: Nicht einmal ein Zehntel der zugesagten Vakzin-Exporte wurden durchgeführt. Das Problem: Produktionsengpässe
Unter allen Ländern, die sich vom russischen Impfstoff Sputnik V rasche Hilfe erhofft haben, darf sich Ungarn am glücklichsten schätzen. Österreichs Nachbar erhielt zwei Millionen Dosen aus Russland.
Dass das Vakzin in der EU noch immer nicht offiziell zugelassen ist - dieser Schritt wird frühestens für September erwartet - störte die Regierung in Budapest dabei nicht. Angesichts der verheerenden Corona-Lage sollte möglichst schnell möglichst viel Impfstoff ins Land geholt werden, egal woher.
Und dass Russland die Ungarn bevorzugt belieferte, geschah wohl auch nicht ohne einen Grund. Besonders mit Exporten in einen EU-Staat sollte demonstriert werden, dass Russland in der Lage ist einen hervorragenden Impfstoff zu bieten - und das auch in ausreichenden Mengen.
Freundliche Diplomatie via Impfstoff lautete Devise. Seit Monaten vergeht kein Tag ohne Jubelmeldungen des russischen Staatsfonds RDIF, in dem dieser nicht verkündet, wo auf der Welt der von ihm finanzierte Impfstoff neu zugelassen wird.
16 Millionen Dosen exportiert
In rund 60 Staaten darf Sputnik V bisher theoretisch verimpft werden - in 45 davon wurden Bestellungen an Russland aufgegeben.
Knapp 200 Millionen Dose von Sputnik V wollte Russland exportieren - doch tatsächlich ausgeliefert wurden davon bisher nur rund acht Pozent, also etwa 16 Millionen Dosen. Diese Angaben hat die russische Ausgabe des Wirtschaftsmagazins Forbes errechnet.
Demnach erhielt bisher Argentinien mit 6,5 Millionen Sputnik-Dosen die größten Mengen, gefolgt von Mexiko (2,4 Millionen Dosen) und Ungarn.
Die meisten anderen Staaten erhielten bisher nur einen winzigen Bruchteil der versprochenen Vakzine.
Das Problem sind mangelnde Produktionskapazitäten. Zwar wurden inzwischen bereits Fabriken in Kasachstan und in Weißrussland gestartet. Doch die produzierten Mengen sind auch dort noch gering. 2,1 Millionen Dosen wurden in diesen beiden Betrieben bisher hergestellt.
Zudem legte Russlands Präsident Vladimir Putin eine Exportbremse ein, indem er Ende April verkündete: Bis zum Spätsommer soll Russland durch Massenimpfungen Herdenimmunität erreicht haben. Bisher aber sind nur rund 16 Millionen Russen durchgeimpft. Und für eine Durchimpfungsrate von rund 60 Prozent der Bevölkerung reiche die Produktion im Land bei weitem nicht, schreibt Forbes in Berufung auf russische Pharmamanger.
Der Ausweg aus den Exportengpässen sollen Produktionsstätten im Ausland bieten: So will etwa der russische Produzent R-Pharm sein Werk im bayerischen Illertissen um die Impfstoffproduktion von Sputnik V erweitern.Bayern hat mit Russland eine Kaufoption von über 2,5 Millionen Sputnik-V-Dosen geschlossen.
Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte Ende April versprochen: Die Gespräche zwischen der österreichischen Regierung und Russland zum Ankauf des russischen Impfstoffs Sputnik V seien fast abgeschlossen. „Wir sind bei den Verhandlungen auf einem sehr, sehr guten Weg. Wir sind de facto fertig“, sagte Kurz.
Ursprünglich hatte es die Idee gegeben, Sputnik ohne EMA-Zulassung einzusetzen. Davon war später aber keine Rede mehr. "Wir haben uns jetzt in der Koalition auf den Weg geeinigt, dies nur mit EMA-Zulassung zu tun. Je später diese Zulassung stattfindet, desto weniger Notwendigkeit wird es geben", sagte der Kanzler Anfang Mai.
Eine Lieferung könne also erst nach der Zulassung erfolgen. Und diese wird nicht vor Oktober erfolgen.
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