Spitäler als militärische Ziele: "Das sind Kriegsverbrechen"

Spitäler als militärische Ziele: "Das sind Kriegsverbrechen"
Israels Angriff auf das Shifa-Krankenhaus wurde stark kritisiert. Der Schutz von Spitälern gilt als humanitäres Völkerrecht.

Das militärische Vorgehen Israels gegen das Shifa-Krankenhaus in Gaza hat international Kritik hervorgerufen. Die israelische Armee hält die Erstürmung der Klinik für legitim, denn ihren Angaben zufolge unterhält die islamistische Palästinenserorganisation Hamas dort eine Kommandozentrale. Es folgt eine völkerrechtliche Einordnung.

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Genfer Konventionen schützen Krankenhäuser

Die Genfer Konventionen, die nach dem Zweiten Weltkrieg verabschiedet wurden, bilden den Kern des humanitären Völkerrechts. "Sie schützen insbesondere zivile Krankenhäuser", sagt Mathilde Philip-Gay, Expertin für humanitäres Völkerrecht an der Universität Lyon-3 in Frankreich. "Es ist verboten, gekennzeichnete zivile Krankenhäuser als Konfliktzone zu nutzen. Und es ist genauso verboten, die Zivilbevölkerung, Kranke oder Verletzte als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Das sind Kriegsverbrechen", sagt Philip-Gay.

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Artikel 8 des Römischen Statuts, mit dem der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag gegründet wurde, enthält eine lange Liste von Kriegsverbrechen. "Vorsätzliche Angriffe auf (...) Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, sofern es nicht militärische Ziele sind", zählen auch dazu.

Klinik kann legitimes Ziel sein

Ein Krankenhaus verliere allerdings seinen völkerrechtlichen Schutzstatus und könne als legitimes Ziel betrachtet werden, wenn es für "schädliche Handlungen" - so der juristische Begriff - genutzt werde, sagt Philip-Gay. In diesem Fall "muss die andere Kriegspartei alle Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass sie absichtlich Zivilisten trifft". Selbst wenn der Gegner ein Krankenhaus für "schädliche Handlungen" missbrauche, habe die andere Partei aber beispielsweise "nicht das Recht, es zwei Tage lang zu bombardieren und dann vollständig zu zerstören", sagt die Juristin. "Die Reaktion muss verhältnismäßig sein."

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Außerdem müsse ein Angriff auf ein Krankenhaus angekündigt werden, Patienten und Personal müssten evakuiert werden oder die Möglichkeit haben, sich in einem Gebäudeteil in Sicherheit zu bringen, sagt Philip-Gay. "Und beim Einsatz müssen Ärzte dabei sein, die sich um die Kranken kümmern."

Zuständigkeit des Internationale Strafgerichtshofs

Der IStGH greift nur ein, wenn die nationale Justiz nicht in der Lage oder nicht willens ist, dies zu tun. Israel ist kein Mitglied des Strafgerichtshofs, aber der IStGH hat 2021 entschieden, dass er für den Gazastreifen und das Westjordanland zuständig ist. Für Kriegsverbrechen gilt außerdem die universelle Gerichtsbarkeit, was bedeutet, dass sie im Prinzip in jedem Land geahndet werden können.

Angriffe auf Krankenhäuser in anderen Kriegen

Krankenhäuser wurden in den vergangenen Jahren in Kriegen immer wieder zum Ziel: in Syrien, im Jemen, in Afghanistan und in der Ukraine. Ein russischer Bombenangriff auf eine Entbindungsstation und ein Kinderkrankenhaus in der südukrainischen Stadt Mariupol tötete im März 2022 mindestens drei Menschen, unter ihnen eine schwangere Frau. Moskau behauptete, in dem Gebäude hätten sich Mitglieder des ukrainischen Asow-Bataillons aufgehalten. Kiew und westliche Staaten stuften den Angriff als Kriegsverbrechen ein.

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