Spaniens toter Diktator stiftet Unruhe
Eigentlich wollte er dort nie liegen, in dem riesenhaften Steinmonument 60 Kilometer nordwestlich von Madrid. Nicht dass das „Tal der Gefallenen“ Francisco Franco zu groß, oder zu bombastisch gewesen wäre, hatte es doch der Diktator nach seinem Geschmack planen lassen. Was Franco vielmehr störte, war, dass es ein Monument für Kriegsopfer war – und er war doch, wie er gerne und oft betonte, der Sieger im Spanischen Bürgerkrieg, gewesen.
Franco wurde nach seinem Tod 1975 trotzdem im Tal der Gefallenen beerdigt – und so wie es aussieht, muss der Diktator noch einige Zeit dort liegen bleiben. Verantwortlich dafür ist Spaniens Höchstgericht. Dessen jüngste Entscheidung hat die Umbettung von Francos Sarg auf einen Friedhof bei Madrid, wo auch seine Ehefrau liegt, im letzten Moment gestoppt.
Faschistengruß
Für Spaniens sozialistischen Regierungschef Pedro Sanchez ist das ein Schuss vor den Bug. Haben er doch seit Amtsantritt im Sommer 2018 darauf hingearbeitet, Franco aus dem Denkmal auszuquartieren. Eine Demokratie dürfe keinen Ort zur Verehrung eines Diktators zulassen, betont Sanchez unermüdlich. Schließlich wird dieser Ort weiterhin genau dafür genützt. Täglich liegen frische Blumen auf dem Franco-Grab. Einmal im Jahr, zu Francos Todestag, versammeln sich dort Tausende Faschismus-Nostalgiker. Da in Spanien der faschistische Gruß nicht verboten ist, werden mit ausgestreckter rechter Hand die alten Kampflieder der faschistischen Falange-Bewegung angestimmt.
Angesichts der Zehntausenden Opfer des Spanischen Bürgerkriegs und der Jahrzehnte der Franco-Diktatur (siehe Erläuterung unten) ein gerade für Spaniens Sozialisten inakzeptabler Zustand. Waren es doch ihre Vorfahren und Parteigenossen, die Francos Truppen entgegentraten und dabei ihr Leben ließen. Der Sozialistenchef wollte nach Entfernung Francos einen „Platz für Erinnerung und Versöhnung“ schaffen. Schließlich liegen rund um das Grabmal der Diktators die Überreste von fast 40.000 Gefallenen des Bürgerkrieges – aus beiden politischen Lagern.
Familie klagte
Doch Sanchez’ Pläne stießen auf Widerstand. Francos Familie, vor allem seine Enkel, zogen vors Höchstgericht. Ihre Beschwerde: Die Exhumierung mehr als 40 Jahre nach der Bestattung sei für eine Familie nicht zumutbar – und schon gar nicht unter diesen Umständen. Grundsätzlich hatte man sich ja mit einer Umbettung des Großvaters sogar anfreunden können. Allerdings wollten Verwandtschaft und Anhänger Franco in die Almudena-Kathedrale verfrachten lassen. Die liegt im Herzen von Madrid und war Schauplatz der Hochzeit von König Felipe. Dort wollte Sanchez den Diktator auf keinen Fall haben.
Nicht nur die Entscheidung des Höchstgerichts lässt den Konflikt erneut eskalieren, sondern auch die Begründung dafür.
Dort verweisen die Richter ausdrücklich auf die Tatsache, dass Franco seit 1936 Spaniens Staatschef gewesen sei. Der Zeitpunkt, an dem sich der General an die Macht putschte –gegen die im Amt befindliche gewählte Regierung. Für die Verbände der Opfer des Franco-Regimes ist das nur eine weiterer Grund, noch vehementer die Umbettung des Diktators zu fordern, und zwar ins Familiengrab: „Jeder Tag, an dem Franco noch länger im Tal der Gefallenen liegt, ist eine Beleidigung für die spanische Gesellschaft und die Demokratie.“
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