Die Partei, die es jedem recht macht

Siegerlächeln: Albert Rivera und seine Ciudadanos sind fünf Wochen vor den Wahlen kaum zu stoppen
Fünf Wochen vor den Wahlen hat spanische Partei Ciudadanos Spitzenwerte, ganz ohne politisches Profil.

Mehr Demokratie, "saubere Verhältnisse" und natürlich ein Ende der Korruption: Wer Albert Riveras Reden lauscht, wird der politischen Allerweltsweisheiten rasch überdrüssig. Der Chef der neuen Partei Ciudadanos hält sich strikt in der politischen Mitte, pendelt zwischen mehr sozialem Wohnen und mehr Unternehmerfreundlichkeit und hinterlässt bei politischen Beobachtern in Spanien Ratlosigkeit. "Der Erfolg gibt ihnen recht – aber wofür eigentlich?", rätselte kürzlich ein Kommentator in der Tageszeitung El Pais.

Zur Spitze aufgeschlossen

Doch bei den krisenmüden Spaniern kommt Rivera mit seiner Forderung nach einem "vernünftigen Wandel" an. Seit Monaten steigt Ciudadanos unaufhaltsam in allen Umfragen und hat jetzt, fünf Wochen vor den Parlamentswahlen, zu den beiden alten Großparteien aufgeschlossen. Gemeinsam mit den Sozialisten der PSOE liegt man nun bei etwa 23 Prozent der Stimmen und damit nur zwei Prozent hinter der konservativen PP von Regierungschef Mariano Rajoy. Entsprechend verschnupft kommentiert man bei den Sozialisten die neue Konkurrenz: "Die Jugendabteilung der Konservativen."

Bündnispartner für alle

Doch Rivera lässt sich auch darauf nicht festlegen. Er sei bereit, mit allen politischen Kräften zusammenzuarbeiten, mit denen Reformen möglich seien. Sein deklariertes Hauptziel ist der Kampf gegen die Korruption. Unablässig hat er die regierenden Konservativen wegen ihrer Korruptionsaffären attackiert. Skandale wie die "Affäre Gürtel", bei der die Führung der PP bis hinauf zu Premier Rajoy zumindest in die Vertuschung der Millionen-Schmiergelder involviert war, lieferten reichlich Material.

Schon am Beginn seiner politischen Karriere hatte Rivera auf das Thema Transparenz gesetzt. Um das zu verdeutlichen, zeigte er sich auf seinem ersten Wahlplakat 2008 nackt . Damals kandidierte man nur in der Region Katalonien, stellte sich dort frontal gegen den Separatismus und dem Ruf nach der Unabhängigkeit von Spanien. Auch das mit Erfolg. Erst bei den jüngsten Regionalwahlen in Katalonien, die ja die Separatisten quasi zur Volksabstimmung über die Unabhängigkeit erklärt hatten, landete man mit einem Pro-Spanien-Kurs auf Platz zwei.

Zur Linie von Ciudadanos gehört auch dazu, dass man sich politisch von niemandem abgrenzt. In mehreren spanischen Regionen ist man nach den Regionalwahlen Bündnisse eingegangen – und zwar mit beiden Großparteien. Auch in Katalonien sucht man mit den Separatisten inzwischen den Kompromiss.

Weit hinter sich gelassen hat man die linke Protestpartei Podemos. Diese, vor einem Jahr noch drauf und dran, Spaniens politisches System auf den Kopf zu stellen, liegt in Umfragen bei gerade einmal zehn Prozent und muss sich selbst nach Bündnispartnern umschauen. Die erfolgreichen Ciudadanos aber haben daran kein Interesse. Die Wahl am 20.Dezember, meinte Parteichef Rivera zum Wahlkampfauftakt, "wird zwischen drei Parteien entschieden – und wir stehen den Spaniern am nächsten."

Kommentare