NSA: Zugriff auf Telefondaten soll erschwert werden

Protest vor dem Kongress: Auch in den USA wächst der Unmut über die Praktiken der NSA.
Der Geheimdienstausschuss im US-Senat will das Ausspähen von Telefondaten durch die NSA begrenzen.

Sie saugen in Deutschland jede Telefonnummer ab, die sie können.“ Das berichtete ein ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter der New York Times, die enthüllt hat, dass die NSA den Berliner Politikbetrieb und Kanzlerin Angela Merkel umfassend aushorchen ließ. In Deutschland reagierte man verschnupft und forderte ein, dass der US-Geheimdienst mit seinen Bespitzelungen aufhören solle. Vertreter des Berliner Kanzleramts und eine Delegation von EU-Abgeordneten bissen mit ihren Forderungen nach klaren Normen und strengen Regeln bislang in Washington auf Granit.

Doch nun scheint Bewegung in die Sache zu kommen: Der Geheimdienstausschuss im US-Senat will das Ausspähen von Telefondaten durch die NSA begrenzen. Das Komitee verabschiedete am Donnerstag einen Gesetzentwurf, wonach der Zugang zur Datenbank mit gespeicherten Verbindungsdaten stärker einschränkt werden soll. Wer sich unautorisierte Zugriff verschafft, soll dies mit zehn Jahren Gefängnisstrafe büßen. Um legal in den Telefondaten stöbern zu dürfen, müsste zuvor ein Terrorismusverdacht bestätigt werden.

Kritikern geht der Entwurf nicht weit genug. Das Gesetz müsste zunächst im gesamten Senat verabschiedet werden. Dann müsste auch das Abgeordnetenhaus dafür stimmen, bevor US-Präsident Barack Obama es unterschreiben könnte. Ein konkurrierender Entwurf des Justizausschusses des Senats sieht hingegen eine komplette Abschaffung der Telefondaten-Überwachung vor.

"Kein Zugang zu Google-Servern"

NSA-Chef Alexander deutete im Vorfeld erstmals an: „Möglicherweise könnte es nötig werden, die NSA-Programme einzuschränken, weil in manchen Fällen die Partnerschaften wichtiger sind.“

Die jüngsten Vorwürfe, wonach die NSA sich Zugriff auf Millionen Benutzerkonten von Google und Yahoo verschafft habe, wies Alexander am Donnerstag glattweg zurück: „Wir haben keinen Zugang zu Google-Servern, Yahoo-Servern und so weiter.“ Auch den Vatikan, so hieß es am Donnerstag aus den Reihen des Geheimdienstes, habe man niemals bespitzelt.

Generell herrsche in Washington große Nervosität, berichteten die EU-Parlamentarier nach ihren Gesprächen: Offenbar rechnen die US-Behörden mit weiteren peinlichen Enthüllungen der NSA-Gebaren.

Deutscher Mandatar traf Snowden

Jener Mann, der den ganzen Skandal ins Rollen brachte, tritt indes am Freitag in seinem russischen Exil einen neuen Job an: Whistleblower und Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden arbeitet fortan für eine große russische Website. Aus Sicherheitsgründen aber wollte Snowdens Anwalt den Namen der Website nicht publik machen. Indes traf der grüne deutsche Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele in Moskau den Ex-Geheimdienstmitarbeiter. In dem dreistündigen Gespräch habe sich Snowden prinzipiell bereit erklärt, zur Aufklärung beizutragen. Da Snowden wegen eines Haftbefehles nicht nach Berlin komme könne, habe er, Ströbele, ihm angeboten, auch in Moskau gehört werden zu können.

Unsicherheit, Schuldbewusstsein, Zögern? Nicht die Sache James Clappers, des obersten Chefs der 16 amerikanischen Geheim- und Aufklärungsdienste. Dass die NSA ausländische Regierungschefs abhört, bezeichnet der 72-jährige Top-Spion Obamas als „üblich“. Dies sei vielmehr eine Lektion, die er schon vor 50 Jahren in „der Geheimdienstschule“ gelernt habe, sagte Clapper diese Woche bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus.

Seit drei Jahren steht der pensionierte Drei-Sterne-General der US-Luftwaffe an der Spitze der Mega-Behörde. Ein Spion der alten Schule, früherer Leiter diverser Aufklärungsdienste und ein knurriger Machtmensch, der keine Konflikte scheut. Mit Präsident Bushs Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte sich der hochdekorierte Vietnam-Veteran vor einigen Jahren angelegt, worauf dieser ihn aus dem Pentagon schmiss. Doch kein Jahr später war Clapper wieder da – Rumsfelds Nachfolger holte ihn ins Verteidigungsministerium zurück.

Bunkermentalität

Als Koordinator der Geheimdienste griff Clapper hart durch. Er brach die zwischen den einzelnen Diensten herrschende Bunkermentalität auf und zwang sie zu mehr Kooperation – mit dem Ziel die „endlose Abfolge von Bedrohungen“ für die USA abzuwehren. Für seinen Job bedient sich der Top-Spion, wenn es denn aus seiner Sicht sein muss, auch dreister Lügen. Zuletzt geschehen im März, als Clapper bei einer Anhörung im Kongress gefragt wurde, ob die NSA tatsächlich die Telefondaten von Millionen Amerikanern erfasse. „No, Sir“, antwortete er entschlossen.

Als sich Monate später herausstellte, dass Clapper die Unwahrheit gesagt hatte, stellte dieser klar: Daten zu „erfassen“ sei nicht das selbe wie Daten zu „sammeln“. Wütende Proteste von Bürgerrechtlern und Rufe nach seinem Rücktritt ließen Clapper vollkommen kalt. Für den „alten Geheimdienstknacker“, wie er sich selber nennt, braucht es schon ein bisschen mehr als ein paar Proteste, um ihm den Schlaf zu rauben.

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