Sloweniens Premier rief Chef der Nachrichtenagentur zum Rücktritt auf

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Die Attacke von Regierungschef Janez Jansa ist nicht die erste. EU-Parlamentarierin bringt Verfahren gegen Slowenien ins Spiel.

Der slowenische Regierungschef Janez Jansa hat den Chef der slowenischen Nachrichtenagentur STA, Bojan Veselinovic, öffentlich zum Rücktritt aufgefordert. "Es ist Zeit, dass der Direktor als politisches Werkzeug der extremen Linken zurücktritt und für seine rechtswidrige Handlungen zur Verantwortung gezogen wird. Und es der STA ermöglicht, normal zu arbeiten und sich zu entwickeln", schrieb Jansa am Dienstag im Kurznachrichtendienst Twitter.

Die STA wandte sich nach eigenen Angaben an das Büro des Premierministers, um zu fragen, auf welche rechtswidrige Handlungen sich Jansa bezog. Der rechtsnationale Ministerpräsident kritisierte, dass die STA unter der Leitung von Veselinovic "todkranke Journalisten" entlasse und "Lügen oft als Wahrheit" verkaufe. Jansa teilte zudem einen Tweet des Chefs des Regierungsamts für Kommunikation (UKOM), Uros Urbanija, der Veselinovic im Streit mit der staatseigenen Nachrichtenagentur attackiert hatte.

Urbanija hatte Veselinivic der Lüge bezichtigt, weil er am Montag in einer Fernsehsendung angegeben hatte, die STA hätte sich geweigert, Anfragen von UKOM bezüglich der Länge von Meldungen zu beantworten. Die Aussage des STA-Chefs wurde auf dem offiziellen Twitter-Account der slowenischen Regierung als "Fake News" bezeichnet. UKOM habe nie derartige Anfragen an die Nachrichtenagentur gestellt, hieß es dazu. Die STA veröffentlichte daraufhin ein Schreiben, in dem Urbanija unter anderem wissen wollte, wie viele Interviews die STA mit Popsänger veröffentlicht habe und wie lange sie gewesen seien.

Vertrag ausgelaufen

Der Streit zwischen der slowenischen Regierung und der staatlichen Nachrichtenagentur, der ins Ende des Vorjahres zurückreicht, hatte sich Anfang des Monats zugespitzt. Die Agentur drehte Ministerien und Regierungsinstitutionen den Zugang zu ihren Meldungen zu, nachdem keine Vertragsverlängerung vereinbart worden war. Das Regierungsamt setzte seinerseits die Zahlung für die öffentlichen Dienstleistungen der nationalen Agentur erneut aus. Das wurde in Slowenien und auch international als ein weiterer Angriff auf die Nachrichtenagentur kritisiert.

Der Agentur, die zu 100 Prozent im Besitz des slowenischen Staates steht, wurde der staatliche Geldhahn bereits zu Jahresende zugedreht. Die Agenturleitung hatte sich damals geweigert, UKOM diverse Unterlagen über ihre Geschäftstätigkeit, darunter Verträge mit Kunden sowie eine Liste mit den Gehältern aller Mitarbeiter, zu übermitteln. Außerdem sollte die STA auch redaktionelle Entscheidungen und Meldungen rechtfertigen.

EU-Verfahren gegen Slowenien?

Slowenien könnte wegen der Attacken seines Premiers Janez Jansa auf die Medien EU-Fördermittel verlieren. "Auch eine unabhängige Presse ist erforderlich für eine wirksame Kontrolle des EU-Budgets", sagte die sozialdemokratische Europaabgeordnete Katarina Barley der Tageszeitung "Die Presse" (Mittwochausgabe). Darüber entscheiden müsse aber der Europäische Gerichtshof, fügte sie mit Blick auf den ausständigen Spruch zum neuen Rechtsstaatsverfahren hinzu.

Seit heuer ist die Auszahlung von EU-Fördermitteln an die Erfüllung von Rechtsstaatskriterien geknüpft. Damit soll sichergestellt werden, dass die europäischen Gelder zweckgemäß verwendet werden. Den Regierungen Polens und Ungarns wird vorgeworfen, die Unabhängigkeit von Justiz, Verwaltung und Medien strukturell zu schwächen. Jüngst ist auch Slowenien in den Fokus gerückt, nachdem der konservative Premier Jansa auch eine angesehene Brüsseler Journalistin wegen eines kritischen Artikels auf Twitter beschimpft hat.

Die Vizepräsidentin des Europaparlaments zeigte sich pessimistisch, dass Jansa wegen solcher Verbalattacken sanktioniert werden könnte. "Am ehesten denke ich, dass ein Vertragsverletzungsverfahren beim Entzug der finanziellen Unterstützung der staatlichen Presseagentur Erfolg haben könnte", sagte Barley mit Blick auf die Entscheidung der Regierung in Ljubljana, der staatlichen Presseagentur STA den Geldhahn zuzudrehen.

Die frühere deutsche Justizministerin sieht in dieser Frage ihre ehemalige Ministerkollegin Ursula von der Leyen in der Pflicht. "Es hängt vor allem an der Kommission. Sie ist Hüterin der Verträge. Sie muss dafür sorgen, dass die Verträge eingehalten werden. Und das tut sie viel zu wenig", kritisierte Barley die EU-Kommissionspräsidentin. Die Sozialdemokratin beklagte, dass in der EU-Kommission die Konservativen in der Mehrheit seien, was für einen falschen Umgang mit den Regierungen in Warschau, Budapest und Ljubljana sorge.

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