Slowenien fordert EU zu Entsendung von Weisenrat auf

FILE PHOTO: EU leaders summit in Brussels
Slowenischer Premier Janez Janša holt nach Kritik der EU-Kommission zum Gegenschlag aus und erhebt schwere Vorwürfe gegen Medien und Justiz im eigenen Land.

Der mit dem Vorwurf autoritärer Regierungsführung konfrontierte slowenische Ministerpräsident Janez Janša hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Entsendung eines Weisenrates nach Slowenien aufgerufen. Diese "Ad-hoc-Arbeitsgruppe" solle sich "vom Zustand der Demokratie, des Rechtsstaates, der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit sowie der Freiheit und Vielfalt der Medien bei uns überzeugen", heißt es in einem am Freitag veröffentlichen Brief Janšas.

Janša sieht sich nämlich als Opfer einer Kampagne angesichts der am 1. Juli beginnenden slowenischen EU-Ratspräsidentschaft. "Ähnlich" sei es schon vor dem ersten slowenischen Ratsvorsitz gewesen, erinnerte Janša an eine von 571 Journalisten unterzeichnete Petition, in der ihm die Einschränkung von Medienfreiheit vorgeworfen sei. "Wir möchten nicht, dass inmitten harter Arbeit absurde Vorwürfe gegen uns erhoben werden, die jeder entkräften kann, der bei korrekter Übersetzung einen oder zwei Tage der medialen und politischen Vorgänge in Slowenien verfolgen kann", betonte der Politiker der Europäischen Volkspartei (EVP).

So bald wie möglich

Die Arbeitsgruppe solle "in kürzestmöglicher Zeit" nach Slowenien kommen und es sollen ihr auch Vertreter des Rates sowie des Europaparlaments angehören, schlug Janša vor. Seinen Aufruf an seine Parteifreundin Von der Leyen begründete er mit Kritik von deren Stellvertreterin Věra Jourová an der Medienfreiheit in Slowenien. Jourová hatte sich geäußert, nachdem Janša eine renommierte Journalistin des EU-Portals "Politico" wegen eines Artikels über die Medien in Slowenien persönlich attackiert und ihr in gebrochenem Englisch Käuflichkeit vorgeworfen hatte.

"Kampf um Deutungshoheit"

Internationale Kritik an den Zuständen in seinem Land tut Janša regelmäßig als von linken Oppositionskreisen in Slowenien gesteuert ab. So hatte er im vergangenen September in einem ORF-Interview gemeint, seine einheimischen Gegner würden sich hinter der Europäischen Union verstecken und einen "Kampf um die Deutungshoheit" führen, bei dem sie ausnützten, dass in der EU praktisch niemand Slowenisch könne. "Ich sage immer: Wer die innenpolitische Situation in Slowenien bewerten will, soll nach Slowenien kommen und Slowenisch lernen oder sich zumindest anständige Gesprächspartner suchen."

Seinen Brief an die EU-Kommissionspräsidentin nutzte Janša dazu, um seine Vorwürfe gegen die angeblich das Land kontrollierenden linken Netzwerke zu untermauern. So würden "90 Prozent der Medien" von Personen kontrolliert, "die sich öffentlich für eine politische Seite deklarieren", so Jansa, der auch mit Attacken auf die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt RTV Slovenija sowie die staatlichen Nachrichtenagentur STA für Aufsehen gesorgt hat. Weiters schreibt Janša mit Blick auf das vermeintliche parteipolitische Engagement von Richtern, dass es "ernsthafte Zweifel an der inneren Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern" gebe. Ein großer Teil der Vorwürfe bezieht sich auf Vorkommnisse, die vor seiner Regierungszeit lagen.

"Politischer Gefangener"

Janša erwähnt dabei auch seine eigene Haftstrafe nach einem rechtskräftigen Korruptionsurteil im Jahr 2018 und spricht diesbezüglich von einem Manöver, "um den Vorsitzenden der Oppositionspartei, die vor dem Wahlsieg steht, mit einer falschen Anklage drei Wochen vor dem Wahltag ins Gefängnis zu schicken." Obwohl sich Janša damals als politischer Gefangener darstellte und aus der Zelle aus Wahlkampf betrieb, erlitt seine Demokratische Partei (SDS) ein Debakel.

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