Korruption: Zornige Slowenen wollen Premier Janša aus dem Amt jagen

Der Leiter der Antikorruptionsbehörde fordert den Rücktritt von Premier Janez Janša.

Es wird eng für Janez Janša. „82 Prozent der Slowenen wollen seinen Abgang, 77 Prozent unterstützen seine Regierung nicht“, nennt Meinungsforscher Niko Toš dem KURIER die Umfragewerte, die er in Ljubljana auf den Tisch bekommen hat. Seit 1995, seit es das Politbarometer in Slowenien gibt, sind das die schlechtesten Werte. „Janša hat seine Legitimität vergeigt. Ich erwarte, dass er zurücktritt.“ Aber: „Jemand, der seit 22 Jahren in der Politik die bedeutendsten Rollen spielt, ist nicht so leicht aus dem Spiel zu werfen.“

Und dieses Spiel war auch in Slowenien von Korruption geprägt. Nachdem wütende Bürger mit Demonstrationen vor Weihnachten den Rücktritt des Marburger Bürgermeisters erzwungen haben, richten sich jetzt alle Augen auf Janša. Ihm wirft die Antikorruptionsbehörde KPK vor, Geldflüsse im Umfang von 210.000 Euro auf sein Privatkonto nicht schlüssig erklären zu können.

Ein Jahr lang durchleuchtete die KPK alle Vermögenswerte von sieben führenden Politikern. Fünf sind „sauber“, zwei nicht: Neben Janša ist es dessen größter Konkurrent, der Bürgermeister von Ljubljana und Oppositionschef Zoran Jankovic. Bei ihm geht es um satte 2,4 Millionen Euro. Er „fror“ sein Amt als Chef von Positives Slowenien bis Jahresende „ein“. Bürgermeister bleibt er.

Ultimatum

Auf Janšas Rücktritt pochen drei der vier Koalitionspartner, mit denen Janšas Demokratische Partei (SDS) eine Mitte-rechts-Regierung bildet. Die liberale Bürgerliste von Parlamentspräsident Virant stellte sogar ein Ultimatum. Bis Dienstag müsse Janša weichen oder die Vertrauensfrage im Parlament stellen. Der Premier blockt ab.

„Beide, Janša und Jankovic, sollen die Verantwortung übernehmen und zurücktreten“, fordert der Leiter der Korruptionsbehörde, Goran Klemencic, im KURIER-Gespräch. Andernfalls könnte die KPK geschlossen werden. Er und die KPK stehen unter Beschuss. „Wir haben einen politischen Sturm und die Diskreditierung der Kommission erwartet. Aber die Härte der Angriffe hat uns doch überrascht.“ Janša hat gegenüber Journalisten gepoltert, er habe alles erklärt. „Ja, wir haben ihn mehrmals befragt und er hat Erklärungen geliefert“, sagt Klemencic, „aber sie waren nicht komplett oder nicht vertrauenswürdig.“ Der 40-jährige Topjurist mit Harvard-Abschluss betont: „Mir geht es nicht um Herrn Janša oder Herrn Jankovic. Es geht um sehr, sehr mächtige Männer, deren Wirken sich auf das Leben des gesamten Volkes auswirkt.“ Im kleinen Slowenien mit seinen zwei Millionen Einwohnern ist der Einfluss der Politik auf Wirtschaft und Gesellschaft groß.

Die Bürger, die massiv unter der Wirtschaftskrise leiden, haben die Nase voll. Rund 75 Prozent unterstützen Demonstrationen gegen korrupte Politiker. „Korruption war in Slowenien wie auch in Österreich im alltäglichen Leben nicht sichtbar“, erklärt Klemencic, „hier werden keine Polizisten geschmiert oder gute Zeugnisse gekauft.“ Korruption im großen Stil gab es zwar, aber Sloweniens Politiker haben die seit dem Zweiten Weltkrieg verfestigte Teilung in zwei Lager, die Feindschaft zwischen Links und Rechts ausgenützt. Alles wurde verwischt, verdreht, zugedeckt. Erst im Zuge großer Infrastrukturprojekte und verdeckter Parteienfinanzierung vor ein paar Jahren kam das Problem ans Licht.

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