Präsidentenwahl in der Slowakei könnte prorussische Linie vertiefen

Präsidentenwahl in der Slowakei könnte prorussische Linie vertiefen
Zwei Kandidaten führen Umfragen an. Urnengang wird auch Ausrichtung des Landes bezüglich Russland beeinflussen.
 

In der Slowakei hat die erste Runde der Präsidentschaftswahl begonnen. Seit 1999 wird das Staatsoberhaupt in einer Direktwahl von den Bürgern selbst bestimmt. Die rund 4,3 Millionen Wähler entscheiden am heutigen Samstag aber nicht nur über ihren neuen Staatschef für die nächste fünfjährige Amtszeit, sie werden damit indirekt auch die künftige außenpolitische Ausrichtung des EU- und NATO-Landes beeinflussen.

Vom Wahlergebnis wird abhängen, ob die russlandfreundlich und europakritisch ausgerichtete Regierungskoalition unter dem Politveteranen Robert Fico oder die prowestliche progressiv-liberale Opposition auf Rückhalt im Präsidentenpalast zählen kann. Das Land ist tief gespalten.

Als klare Favoriten der Wahl gelten laut letzten Umfragewerten Peter Pellegrini (48), Parteichef der linksorientierten mitregierenden Hlas (Stimme) und aktueller Parlamentspräsident der Slowakei, der massiv von der Fico-Koalition unterstützt wird, und der liberale Karrierediplomat, Ex-Außenminister Ivan Korcok. Der 59-Jährige geht als bürgerlicher Kandidat mit Unterstützung der Opposition ins Rennen und tritt seinem Rivalen Pellegrini deutlich auf die Fersen. Eine der letzten Wählerbefragungen sah ihn sogar als möglichen Sieger der ersten Wahlrunde.

Präsidentenwahl in der Slowakei könnte prorussische Linie vertiefen

Peter Pellegrini

Insgesamt sind schließlich nur neun Kandidaten um den höchsten Staatsposten bemüht, darunter keine einzige Frau. Zwei Bewerber hatten in der letzten Woche vor der Abstimmung ihre Kandidatur zurückgezogen, beide zu Gunsten des rechtsnationalen Stefan Harabin. Den Juristen und einstigen Präsidenten des Obersten Gerichtshofes der Slowakei sehen Umfragen auf Platz drei, zuletzt lag er allerdings gut 20 Prozentpunkte hinter den zwei Favoriten.

Präsidentenwahl in der Slowakei könnte prorussische Linie vertiefen

 Ivan Korcok

Mit einer Entscheidung in der ersten Wahlrunde ist laut Beobachtern nicht zu rechnen. Dafür müsste einer der Kandidaten auf die absolute Mehrheit kommen, also mehr als die Hälfte aller Wählerstimmen. Konkret wären dies über zwei Millionen Stimmen, wobei bei der Präsidentschaftswahl vor fünf Jahren rund gleich viele Wähler insgesamt zu den Wahlurnen gekommen sind. 

Damals lag die Wahlbeteiligung bei knapp 49 Prozent, ähnlich wird sie auch in dieser Abstimmung erwartet. Eine Stichwahl der zwei Bestplatzierten ist für den 6. April angesetzt, dabei werden Pellegrini deutlich höhere Chancen eingeräumt.

Der Präsident hat in der Slowakei überwiegend nur repräsentative Kompetenzen, er ernennt allerdings auch Richter und Funktionäre des Verfassungsgerichts. Die Bedeutung des Staatschefs steigt aber in Krisenzeiten. Er hat die Möglichkeit eine Regierung, der das Parlament Misstrauen ausgesprochen hat, im Amt zu belassen. Und er kann auch eine Expertenregierung nach seinen Vorstellungen einsetzen, wie es die scheidende Staatspräsidentin Zuzana Caputova nach dem Sturz der rechtskonservativen Regierung von Eduard Heger im Vorjahr getan hatte.

Fehlende Kraft für weitere Amtszeit

Caputova wollte sich nicht mehr für eine zweite Amtszeit bewerben. Ihr fehle die Kraft dazu, erklärte sie bei der Verkündung ihrer Entscheidung vergangenen Sommer. Grund waren auch die Verbalattacken von Premier Fico und weiteren Koalitionspolitikern. Sie bezeichneten die Präsidentin wiederholt als "US-Agentin" im Präsidentenpalast. 

Als einstige Vizechefin der Progressiven Slowakei, die derzeit führende Oppositionspartei im Land ist, würde sie auch nur zu Gunsten des liberalen Lagers arbeiten. Ein Großteil der Slowakei sei dabei ganz anderer Ausrichtung, hieß es.

Russlandfreundlicher Kurs nach Vorbild Ungarn

Seit seinem Comeback bei der Parlamentswahl vergangenen Herbst hat der Linksnationalist Robert Fico angefangen die Slowakei eigenen Vorstellungen nach zu verändern und sie immer mehr auf einen autoritären, russlandfreundlichen Kurs nach Vorbild von Viktor Orban in Ungarn zu bringen. Staatliche Militärhilfe an das von Russland angegriffen Nachbarland Ukraine hat er gestoppt und will weiter nur humanitäre Hilfe leisten.

Im Inland hat er die Leitung der Polizei und wichtiger staatlicher Behörden ausgetauscht. Er hat eine umstrittene Justizreform in die Wege geleitet, in der die liberale Opposition, wie auch die EU-Kommission eine Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in der Slowakei sehen. Auf Antrag von Präsidentin Caputova hin hat das Verfassungsgericht Teile der Reform inzwischen vorläufig außer Kraft gesetzt.

Angriffe auf die Pressefreiheit

Jüngst werden Fico und seiner Regierung auch Angriffe auf die Pressefreiheit vorgeworfen. Regierungskritischen Medien beantwortet er schon länger keine Fragen mehr. Zuletzt hat die Koalition auch eine Gesetzesvorlage eingebracht, mit der öffentlich-rechtlicher Hörfunk und Fernsehen in einen Staatssender gewandelt werden sollen.

Seit dem vierten Machtantritt von Fico protestierten immer wieder tausenden Menschen in den Straßen, unzufrieden mit dem Kurs, den das Land eingeschlagen hat. Mit Peter Pellegrini im Präsidentenpalast könnte Fico noch leichter durchregieren, lauten die Befürchtungen. 

Ein großer Teil der Bevölkerung steht aber weiterhin hinter dem Ministerpräsidenten; er sorge für sozial Schwache, Arbeitnehmer oder Pensionisten, er sorge für Stabilität im Land. Seine Schritte und Pläne habe er zudem schon im Wahlkampf vor den Parlamentswahlen vergangenen Herbst angekündigt.

Die Wahllokale sind noch bis 22 Uhr geöffnet, die Ergebnisse der Stimmauszählung werden danach durchgehend online veröffentlicht. Mit ersten aussagekräftigen Ergebnissen wird daher erst am frühen Sonntagmorgen gerechnet. Die Amtszeit der aktuellen Staatspräsidentin Zuzana Caputova wird am 15. Juni auslaufen.

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