Eine gute Woche vor den Parlamentswahlen zeichnet sich in der Slowakei ein erstaunliches Polit-Comeback ab: Robert Fico, dreimaliger Premier in Bratislava, der nach dem Mord an dem Investigativjournalisten Ján Kuciak und dessen Freundin zurücktreten musste, führt wieder in allen Umfragen.
Wochenlang hatten vor fünf Jahren Hunderttausende Slowaken in der Hauptstadt für seinen Abgang und den seiner Regierung demonstriert. Fico wurden Verbindungen zu mafiotischen Geschäftskreisen vorgeworfen, die Kuciak ermordet haben sollen.
Lange war es still um den Chef der Smer-Partei, jetzt ist der 59-Jährige wieder da. Und das hat vor allem mit dem unwürdigen Streit seiner Nachfolger an der Regierungsspitze zu tun. Chaos und Gezänk stand so lange an der Tagesordnung, bis Präsidentin Zuzana Čaputová schließlich zur Not eine Technokratenregierung einsetzte. Die soll nun durch reguläre Politiker abgelöst werden.
Und in der wird zumindest ein Mann mit Sicherheit nicht mitregieren – Ex-Premier Igor Matovič: Er war erst vergangene Woche dadurch unangenehm aufgefallen, dass er sich mit einem ehemaligen Innenminister einer anderen Partei bei einer Wahlkampfveranstaltung ein Handgemenge geliefert hatte.
Seine Partei liegt in Umfragen so niedrig, dass sie die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament versäumen dürfte.
Smer bei 22 Prozent
„Zum Fremdschämen“, meint Michal, ein Wachmann, zum KURIER. Wen er am Samstag in einer Woche wählen wird, will der junge Slowake nicht sagen. „Aber Fico und seine Smer werden es nicht sein“. Und wenn die Umfragen richtig sind – der wortgewaltige Ex-Premier liegt derzeit in den Umfragen bei rund 22 Prozent der Stimmen – und Fico gewinnt die Wahlen? „Dann würde ich mich fragen“, antwortet Michal, ob „wir Slowaken alle diese riesigen Proteste vergessen und kein Gedächtnis haben?“Doch nach dem Chaos der Vorgängerregierungen scheinen Fico und seine – nur dem Namen nach – sozialdemokratische Partei Smer – mit einfachen Botschaften zu punkten: Keine Waffen mehr für die Ukraine, Frieden in könne nur durch Verhandlungen erzielt werden, fordert der Smer-Chef.
Er reibt sich mit deftigen Worten an der NATO, der EU, der Justiz und den Medien des Landes. Und als ob er bei seinem Freund, Ungarns Premier Viktor Orbán, Maß genommen hätte, schimpft Fico über den ungezügelten Zuzug von Migranten. Dabei ist die kleine Slowakei von einem Asylproblem denkbar weit entfernt: Im Vorjahr wurden genau 504 Asylansuchen registriert (Österreich: 108.000).
In der politisch zersplitterten Landschaft der Slowakei hat Robert Fico dennoch ein Problem. Mehr als 15 Parteien treten zur Wahl an – zwischen vier und neun von ihnen könnten den Einzug ins Parlament schaffen. Um regieren zu können, würde der Ex-Premier mindestens zwei Koalitionspartner brauchen. Ob er die finden wird, ist noch alles andere als sicher.
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