Slowakei bekommt eine neue Regierung: deutlicher Rechtsruck

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Der Machtwechsel ist von der Covid-19-Krise gekennzeichnet. Neues Kabinett von Igor Matovic wird am Samstag ernannt.

Mitten in der Coronavirus-Krise steht drei Wochen nach der Parlamentswahl in der Slowakei ein Regierungswechsel bevor. Staatspräsidentin Zuzana Caputova gab am Montag vor Journalisten in Bratislava bekannt, sie habe die konstituierende Sitzung des neuen slowakischen Parlaments für Freitag, den 20. März, zusammengerufen.

Am selben Tag soll die scheidende Regierung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Peter Pellegrini zurücktreten. Am Samstag wird Caputova den konservativen Politiker Igor Matovic zum neuen Premierminister des Landes und unmittelbar darauf auch sein neues Kabinett ernennen.

Alle Geschäfte im Land geschlossen

Die Ernennung der neuen Regierung wird in der Slowakei von strengsten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus gekennzeichnet sein. Erst vergangenen Sonntag hatte Pellegrini den Notstand im Land erklärt. Mit Ausnahme von Lebensmittelläden, Drogerien und Apotheken blieben ab Montagmorgen alle Geschäfte im Land geschlossen, ebenso wie Schulen und alle Bildungseinrichtungen. Bereits vergangene Woche wurden auch Sport- und Kulturveranstaltungen verboten.

Der Termin der Machtübernahme wurde von der Staatschefin, dem scheidenden und dem designierten Premier bei einer gemeinsamen Pressekonferenz bekannt gegeben. Caputova habe alle Regierungsmitglieder, die ihr vorgelegt wurden, akzeptiert. Die Namen der künftigen Minister werden am Dienstag bekanntgegeben.

Laut Pellegrini wird der Regierungswechsel "anständig und auf hohem Niveau" verlaufen. Die Ministerien werden den antretenden Ministern in vollem Gange übergeben, damit deren Arbeit nicht unterbrochen wird, versicherte er. Der künftige Premier Matovic kündigte an, seine Regierung wolle mit den scheidenden Mitarbeitern in den einzelnen Ressorts zusammenarbeiten. "Wir werden alle Streitereien bei Seite legen, unser einziges Interesse ist es die Situation rund um das Coronavirus zu bewältigen," erklärte er. Die bisher eingeführten Maßnahmen halte er für "rasant und gut".

Der als kontrovers geltenden Matovic hatte mit seiner Protestpartei Gewöhnliche Menschen und unabhängige Persönlichkeiten (Olano) bei der Parlamentswahl am 29. Februar mit über 25 Prozent der Stimmen einen unerwartet klaren Wahlsieg davongetragen. Nach dem Mord am Investigativjournalisten Jan Kuciak hatten die Wähler die bis dahin dominierende sozialdemokratische Partei Sme (Richtung) von Ex-Premier Robert Fico abgewählt.

"Wir sind Familie"

Am 4. März erhielt Matovic von Caputova den Auftrag zur Regierungsbildung und nahm Koalitionsverhandlungen mit drei weiteren Oppositionsparteien auf. Letzten Sonntag verkündete der Olano-Chef einen erfolgreichen Abschluss der Regierungsverhandlungen.

Seine Vier-Parteien-Koalition mit der rechtspopulistischen "Wir sind Familie", der neoliberalen "Freiheit und Solidarität (SaS)" des EU-Kritikers Richard Sulik und der neuen Partei "Für die Menschen" von Ex-Präsident Andrej Kiska wird sich im Parlament auf eine Verfassungsmehrheit von 95 Mandaten stützen können. Die Regierungsposten sollen im Verhältnis 8 – 3 – 2 – 2 verteilt werden. Für die Slowakei wird die neue Vierer-Koalition einen deutlichen Rechtsruck bedeuten.

Kiskas Partei hatte zunächst gezögert, in Regierungsverhandlungen einzutreten. Kiska hatte nach dem Wahltag noch erklärt, er würde lieber in eine Koalition ohne die fremdenfeindliche "Wir sind Familie" des umstrittenen Millionärs Boris Kollar eintreten. Kollar war in der Vergangenheit mit einem später bei einem Bandenkrieg ermordeten Mafiaboss befreundet gewesen.

Vor der EU-Wahl im vergangenen Jahr hatte Kollar ein Bündnis mit rechtspopulistischen Parteien wie der italienischen Lega und der FPÖ geschlossen. Aus der slowakischen Parlamentswahl war Kollars Partei jedoch als drittstärkste Kraft hinter Matovics Olano und den Sozialdemokraten hervorgegangen. Kiskas Partei kam hingegen nur auf 5,8 Prozent.

Die konstituierende Sitzung des neuen Parlaments wird im Hinblick auf die Covid-19-Krise voraussichtlich im Freien stattfinden. Der genaue Austragungsort soll erst noch konkretisiert werden. Laut dem scheidenden Premier Pellegrini wurden am Montag zwei weitere Coronavirus-Infektionen in der Slowakei bestätigt, die Gesamtzahl ist somit auf 63 gestiegen.

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