Sigmar Gabriel: "Welt steht Anfang 2018 am Abgrund"

Sigmar Gabriel
Syrienkonflikt bewege sich in eine Richtung, die akute Kriegsgefahr für die engen Partner Deutschlands bedeute.

Die Welt steht nach Einschätzung von Außenminister Sigmar Gabriel zu Beginn des Jahres 2018 an einem gefährlichen Abgrund. „Berechenbarkeit und Verlässlichkeit sind derzeit anscheinend die knappsten Güter in der internationalen Politik“, sagte der SPD-Politiker am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Der Syrien-Konflikt bewege sich nach sechs blutigen Jahren als Bürger- und Stellvertreterkonflikt in eine Richtung, „die akute Kriegsgefahr selbst für unsere engen Partner“ bedeute. Zudem könne der olympische Frieden die „brandgefährliche Eskalation rund um das nordkoreanische Atomrüsten“ vorerst nur bremsen.

Hinzu kämmen der zunehmende globale Führungsanspruch Chinas, die Machtsprüche Russlands sowie das Wiederaufkommen von Nationalismus und Protektionismus.

Gabriel für Abbau der Russland-Sanktionen

Außenminister Gabriel hat sich für einen schrittweisen Abbau der EU-Sanktionen gegen Russland ausgesprochen. "Ich weiß, dass die offizielle Position eine andere ist", sagte Gabriel Samstag früh bei einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.

Gabriel forderte einen Waffenstillstand in der Ostukraine und den Abzug der schweren Waffen. Der SPD-Politiker unterstützte dabei ausdrücklich den Vorschlag des russischen Präsidenten Wladimir Putin, einen Waffenstillstand über einen UNO-Blauhelmeinsatz zu sichern. Der Vorschlag liege bereits seit einem halben Jahr auf dem Tisch, man müsse Tempo bei der Umsetzung machen.

"Wenn uns das gelingt, dann müssen wir beginnen, schrittweise Sanktionen abzubauen", sagte Gabriel. Offiziell heiße es, dass die Sanktionen erst aufgehoben würden, wenn 100 Prozent des Minsker Friedensabkommens für die Ostukraine umgesetzt seien. "Ich halte das für keine sehr realistische Position. Wenn man Fortschritte macht, dann muss man Fortschritte auf beiden Seiten spüren und merken."

Die deutsche Regierung habe die Absicht, die Beziehungen zu Russland wieder zu verbessern. Auch der Vorsitzende des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, Wolfgang Büchele, forderte einen Abbau der Sanktionen gegen Russland.

Der serbische Außenminister Ivica Dacic hat in ungewöhnlich scharfen Worten den deutschen Außenminister Sigmar Gabriel ( SPD) angegriffen. "Gabriel, Du bist arrogant!", sagte Dacic der Belgrader Zeitung "Kurir" (Samstag): "Träum nur weiter, dass wir das Kosovo anerkennen." Und: "Gabriel kann reden, was er will, daraus wird nichts."

Gabriel hatte in der vergangenen Woche Serbien und das Kosovo besucht. Dabei hatte er als Bedingung für den EU-Beitritt Serbiens verlangt, dass es sich mit dem vor zehn Jahren abgefallenen und fast nur noch von Albanern bewohnten Kosovo aussöhnt.

"Er ist doch ein Mensch auf dem Absprung aus dem Amt", sagte Dacic. "Grüßt ihn und richtet ihm aus, dass er die Realität akzeptieren soll und dass die heutige deutsche Regierung doch gerade abtritt."

Auch die Serbische Liste, die wichtigste Partei der serbischen Minderheit im Kosovo, kritisierte Gabriel. Mit seiner Forderung, gegen die Organisierte Kriminalität vorzugehen, habe "er die Gefühle der Serben verletzt", erklärte die Partei in einer von der Regierungszeitung "Novosti" am Samstag in Belgrad abgedruckten Stellungnahme.

Das Kosovo war am Samstag vor zehn Jahren unabhängig geworden. Bisher ist es von über 110 Staaten anerkannt worden. Belgrad erkennt das bis heute nicht an und will seine frühere Provinz zurückhaben. Serbien verhandelt mit der EU über seinen Beitritt, der für 2025 angestrebt wird. Eine zentrale Voraussetzung ist jedoch die Lösung der jahrzehntelangen Kosovo-Krise.

Kommentare