Viel weniger sprach er über das Urteil des polnischen Verfassungserichtshofes, das seit zwei Wochen die EU zum Beben bringt. Darin hieß es: Teile der EU-Verträge widersprechen der polnischen verfassung.
"Höchstes Recht"
Morawiecki betonte vor seinen Zuhörern immer wieder: "Höchstes Recht im polnischen Staat ist die polnische Verfassung." Wobei Morawiecki ausführte: Polen lehne ja nicht die EU-Verträge in ihrer Gesamtheit ab, sondern nur jene Teile, die mit der polnischen Verfassung nicht vereinbar seien. "In den Verträgen haben wir der Union viele Kompetenzen anvertraut, aber nicht alle", beharrte er.
Das aber genau ist der Punkt, wo sich die Mehrheit der EU-Abgeordneten und auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen querstellten: "Ich bin zutiefst besorgt", konterte die Kommissionspräsidentin: "Dieses Urteil stellt die Basis der EU in Frage. Es ist ein direkter Angriff auf die gemeinsame Rechtsordnung."
Und sie stellte klar: Die Kommission werde dieses Urteil nicht hinnehmen. Die Optionen seien dabei zunächst ein Vertragsverletzungsverfahren, und dann der Rechtsstaatsmechanismus - also die Einbehaltung von Milliarden an Hilfsgeldern für Polen. "Die polnische Regierung muss uns erklären, wie sie das Geld der Steuerzahler beschützt."
"Gemeinsame Hausordnung"
Heftige Kritik kam auch von Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im EU-Parlament: "Es geht nicht um Polen, sondern um polnische Politik. Europa ist kein Staat, aber es gibt eine Hausordnung." Und er erinnerte daran, dass auch Deutschland sein Grundgesetz ändern musste, um der Union beizutreten. Weber: "Die nationalen Verfassungen sind fundamental, aber die gemeinsame Hausordnung ist wichtiger."
Polen sei 2004 der EU beigetreten. Warum jetzt die Diskussion, fragte Weber. "Weil die polnische Regierung die Axt an die Unabhängigkeit der polnischen Justiz legt." Und: "Wer das Primat des EuGH ablehnt, wer die Unabhängigkeit der Justiz ablehnt, tritt faktisch aus der Rechtsgemeinschaft aus."
Als "verwerflich " bezeichnet Malik Azmani, Chef der EU-Liberalen, Polens "Versuch, die Stabilität in Europa zu unterminieren". Er er bezichtigt den polnischen Premier, seiner Bevölkerung die Wahrheit zu verschweigen. "Sagen Sie doch den Polen, dass Sie die Gelder aus Brüssel verlieren werden!"
Unterstützung erhielt der polnische Premier nur aus der Fraktion der Rechts-Parteien (ID). ID-Fraktionschef Nicolas Bay empörte sich über "die europäischen Institutionen, die sich nur um Angriffe auf die Rechtsstaatlichkeit in bestimmten Ländern kümmern - sie sind Polen und Ungarn sehr aggressiv gegenüber. Es sei Ihnen gedankt, dass Sie sich für die Freiheit unserer Völker einsetzen!“
Das umstrittene Urteil des polnischen Verfassungsgerichtes wird auch beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag diskutiert werden.
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