Serbien: Öko-Aufstand ließ Präsidenten einknicken
„Ihr könnt mich nur töten oder durch Wahlen besiegen. Ich will mich dem Druck nicht beugen. Bei mir kann die Straße nicht die Politik bestimmen.“ So entschlossen hatte sich Serbiens Präsident Alexander Vucic noch vor zwei Wochen in einem Interview mit dem Sender Pink TV den Umweltprotesten im Land entgegengestellt.
Nun aber vollzog der autoritäre Staatschef eine Wende: Die Regierung zog nach den heftigsten Protesten seit mehr als zehn Jahren den Gesetzesentwurf zur Enteignung von Privatland bei Infrastrukturprojekten von „nationaler Bedeutung“ zurück. Das umstrittene Lithium-Projekt des britisch-australischen Konzerns Rio Tinto rückt damit zunächst in weite Ferne.
Rio Tinto hatte nahe der westserbischen Stadt Loznica ein riesiges Bergwerk geplant. Dort wurden 2004 die größten Lithium-Vorkommen Europas entdeckt – das „weiße Gold“, das so dringend für Autobatterien benötigt wird. Der weltgrößte Bergbaukonzern hat dafür bereits mehr als 300 Hektar Land gekauft. Die Anwohner sollten enteignet werden.
Giftige Halden
Gegen die drohenden Enteignungen, vor allem aber angesichts der befürchteten, massiven Umweltschäden liefen Umweltaktivisten und Bürgergruppen aus dem ganzen Land Sturm. Bei der Lithiumförderung und -produktion fallen hohe Mengen an Arsen an. Das extrem giftige Material sollte auf Abraumhalden gelagert werden. Umweltschützer befürchteten, dass dabei das Grundwasser, die Flüsse und der Boden vergiftet werden.
Die „Umwelt-Aufstand-Initiative“, die an den vergangenen Wochenenden Straßenblockaden und Proteste in mehreren serbischen Städten organisiert hat, zeigt sich zunächst zufrieden. Doch sie sieht sich noch nicht am Ziel.
Nach Weihnachten, so kündigten die Umweltschutzgruppen an, werde der Protest weitergehen. Die Forderung: Rio Tinto solle sich vollständig aus Serbien zurückziehen, alle Verträge müssten offen gelegt werden. Der Widerstand gegen das umstrittene Lithium-Projekt hat die serbische Bevölkerung wie schon seit Langem nicht mehr mobilisiert. Zwar gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Demonstrationen gegen Korruption und Demokratieabbau – aber nie mit Straßenblockaden, die das Land lahmlegten.
Die Position von Präsident Vucic erschütterte dies aber nur wenig, seine Macht scheint nicht gefährdet. Im April finden Parlaments- und Präsidentenwahlen statt. Laut aktuellen Meinungsumfragen können Vucic und seine regierende Serbische Fortschrittspartei SNS dabei erneut mit einem klaren Sieg rechnen. IST
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