"Essen ist zum Luxus geworden": Schweden boykottieren Supermärkte


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Die 47-jährige Annika Morina aus dem schwedischen Knivsta, nahe der Universitätsstadt Uppsala, hatte genug, als sie im Februar den Preis für Tomatenmark sah. "Er war explodiert", sagte sie zum schwedischen Boulevardmedium "Aftonbladet".
Die Lebensmittelpreise in dem skandinavischen Land sind zuletzt in die Höhe geschnellt. Schätzungen zufolge haben sich die Kosten, um eine Familie zu ernähren, in Schweden seit Jänner 2022 um bis zu 30.000 Kronen (rund 2.800 Euro) erhöht, berichtete die Stockholm-Korrespondentin des "Guardian". Bei gewissen Produkten, etwa Schokolade, Öl und Milch, sind die Preise offenbar besonders deutlich angestiegen.
Morina hält die großen Supermärkte im Land – etwa ICA, Coop, Lidl – und ihre Oligopolstellung für verantwortlich und sagte ihnen kurzerhand den Kampf an. Ihr Motto: "Essen ist zum Luxus geworden." Sie habe Boykotte in anderen Ländern gesehen und sich gedacht: „Warum passiert das nicht auch in Schweden?“, erzählte sie. Via TikTok rief sie also dazu auf, die Ketten vorübergehend zu meiden.
"Reko-Ringe" als Alternative
Rasch schlossen sich ihr zahlreiche Konsumenten an. Eine Woche lang lebten sie von den Vorräten, die sie zuhause hatten und wichen auf kleinere Märkte aus bzw. kauften bei sogenannten Reko-Ringen ein – also bei kleinen und mittleren Lebensmittelherstellern, deren Waren direkt via Social Media und ohne der Zwischenstation Supermarkt bestellbar sind.
Die betroffenen großen Ketten geben vor allem äußeren Einwirkungen, etwa Krieg und Klimakrise, die Schuld an den gestiegenen Preisen. Was die Proteste bisher mit ihnen gemacht haben, dazu wollten sie sich nicht äußern. Die kurze Zeit dürfte ihnen nicht viel getan haben, meinen Experten.
Doch die Aktivisten, darunter die Studentin Filippa Lind aus Malmö, haben bereits den nächsten Boykott gestartet, der diesmal drei Wochen gehen soll. Diesmal richtet er sich konkret gegen die Kette ICA sowie die Molkereigenossenschaft Arla.
Sie mache das einerseits, weil sei selbst von den "unangemessen hohen Preisen" betroffen sei. Aber dies sei auch ein "Akt der Solidarität für andere", so Lind. Konkret fordert sie die Politik auf, sich für leistbarere Lebensmittel einzusetzen.
Tatsächlich ist der Lebensmittelhandel in Schweden im Europavergleich vergleichsweise hoch konzentriert, wie übrigens auch in Österreich. Was Regierungen tun können, um die Preise zu senken, ist jedoch fraglich.
Regierung will Lebensmittelproduktion ankurbeln
Zumindest erste politische Reaktionen gab es aber bereits. Die Regierung stellte eine neue Strategie vor, mit der die Lebensmittelproduktion im Land angekurbelt und der Wettbewerb somit vergrößert werden soll.
Auch in Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien, Rumänien und Bulgarien gab es in diesem Jahr bereits ähnliche Protestaktionen wie in Schweden.
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