Warum sich Schweden beim NATO-Beitritt so einig ist

Warum sich Schweden beim NATO-Beitritt so einig ist
Die Neutralität stand, ähnlich wie hierzulande, nicht zur Debatte. Mit Putins Invasion schwang die Stimmung blitzschnell um.

Russlands Einmarsch in der Ukraine ließ auch in Schweden alle Alarmglocken schrillen. Damals, vor zwei Jahren, war zwar der Wahlkampf für die Parlamentswahlen in vollem Gange. Trotzdem entschied sich die damalige sozialdemokratische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson angesichts der Bedrohung aus dem Osten für einen Bruch mit der schwedischen Identität: Für den NATO-Beitritt – und damit das Ende der Neutralität.

Ein Jahr und einen Regierungswechsel später folgte im März 2023 die Abstimmung im schwedischen Reichstag. Gestärkt durch eindeutig positive Umfragen stimmten alle Parteien außer den Linken und den Grünen dafür. Doch der Plan, den Schritt zur NATO gemeinsam mit dem Nachbarn Finnland zu gehen, scheiterte am Veto Ungarns und der Türkei.

Historischer Bruch

Schweden hatte sich mehr als 200 Jahre lang mit der Neutralität identifiziert. Sie galt als sicheres Konzept gegen Konflikte, die rundherum ausbrachen. Im Zweiten Weltkrieg wurden zwei Millionen deutsche Soldaten über Transportwege an die Fronten nach Norwegen und Finnland "durchgewunken"; in den letzten Tagen des Krieges wiederum mit den "weißen Bussen" rund 15.000 Menschen aus Konzentrationslagern gerettet.

"Diese historische Neutralität liegt vielen sehr am Herzen, ich glaube aber auch, dass sich die meisten Schweden einig sind, dass es die seit der Mitte des Kalten Krieges nicht mehr gibt", sagt Arvid, ein Student aus Uppsala. Das mache das immer selbstbewusstere Auftreten von Autokratien wie Russland oder China offensichtlich.

Doch die langwierigen Verhandlungen mit Ungarn und der Türkei hätten "das Schlechteste an der NATO" aufgezeigt, nämlich "dass diese Länder aus demokratischer und rechtsstaatlicher Sicht keine guten Partner sind". Deshalb meint Arvid auch: "Es fehlte eine öffentliche Debatte, in der die Vor- und Nachteile der NATO diskutiert wurden."

Ausreichende Gewöhnungszeit

Doch der Krieg in der Ukraine tobt weiter – und so bleibt es in Schweden das parteiübergreifende Ziel, sich mit dem Beitritt zur NATO verteidigungspolitisch neu aufzustellen. Durch die Ratifizierung Ungarns am Dienstag ist der Weg endlich frei für Schweden.

Zumindest in der politischen Auseinandersetzung steht der Schritt längst nicht mehr zur Debatte. An den Gedanken, bald nicht mehr neutral zu sein, konnte sich auch die Bevölkerung durch den schleppenden Beitrittsprozess schon ausreichend gewöhnen.

Kommentare