Schneefall und Schneechaos über weiten Landesteilen nördlich von Stockholm kündigte der schwedische staatliche Wetterdienst SMHI am Donnerstag für die kommenden Tage an und warnte für das ganze Königreich: "Es gibt Sturm".
Mit einer unangenehmen Wetterlage rechnen auch immer mehr Schweden bezüglich der SARS-CoV2-Pandemie - die zweite Welle sei da, so die Medien und einige Wissenschaftler, wenn auch eine andere staatliche Behörde, das Gesundheitsamt, diesen Begriff noch vermeidet.
201.055 Personen sind in dem Land mit rund zehn Millionen Einwohnern positiv getestet worden, am Donnerstag kamen 4.609 hinzu. 6.340 verstarben bisher mit oder an Covid-19.183 Personen liegen auf der Intensivstation.
Von den 250.000 Tests, die in der vorigen Woche umgesetzt wurden, waren mehr als 12 Prozent positiv. "Wir haben weiterhin eine ernste Lage", so Karin Tegmark Wisell, Expertin des Gesundheitsamtes, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass es draußen in der Welt schlimmer sei.
Lange hatten die Vertreter dieser Behörde erklärt, dass Schweden im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern gut durch den Herbst und Winter käme, schließlich sei die Immunitätsrate in der Bevölkerung hoch.
Nun übertreffen Infektionsraten das schlimmste Szenario der staatlichen Experten. Zur Erinnerung: Die Behörde empfahl im Frühjahr, auf einen Lockdown zu verzichten, sodass Kindergärten, Schulen, Geschäfte und Restaurants offen blieben.
Doch nun ändert sich in Schweden die Krisenpolitik, dies bezieht sich nicht allein auf strengere Maßnahmen. Premierminister Stefan Löfven hat nun in einer Pressekonferenz am Donnerstag das Gesundheitsamt aufgefordert, zu empfehlen, die Besuchserlaubnis für Altersheime wieder aufzuheben.
In der Presse wird der Sozialdemokrat bereits als der "neue Pandemiegeneral" tituliert, denn lange setzte die rote Minderheitsregierung vor allem die Vorschläge des Gesundheitsamtes mit dem mittlerweile weltberühmten Staatsepidemiologen Anders Tegnell um, dem Architekten des schwedischen Sonderwegs.
Doch die Infektionszahlen in den Altersheimen stiegen um 30 Prozent zum Vergleich mit der vorigen Woche. Seit Oktober durften die Bewohner wieder von ihren Angehörigen besucht werden.
Doch die Restriktionen, die für die meisten Regionen des Landes nur empfohlen wurden, hatten bislang nicht die gewünschten Effekte gehabt. So verzeichneten die Einkaufszentren starken Zulauf, obwohl der sozialdemokratische Regierungschef Löfven seine Landsleute aufforderte, nur noch Lebensmittel zu kaufen. Seit Donnerstag gelten die Restriktionen für das ganze Land.
„Tut euere Pflicht, um die Virusverbreitung zu stoppen“ forderte Löfven Anfang der Woche seine Landsleute etwas autoritärer auf, denn immer noch können Restaurants und Fitnessclubs besucht werden.
Die Versammlungsfreiheit ist seit Montag jedoch auf acht Personen begrenzt worden, in der nächsten Woche dürfen Oberschulen nach Ermessen der Leitung auf Homeschooling umstellen.
Bewegung gibt es auch im Streit um die Masken – die Königliche Akademie der Wissenschaften empfahl das Bedecken von Mund und Nase im öffentlichen Nahverkehr und in geschlossenen Räumen.
Der Streit um die Masken zieht sich seit Tagen durch die schwedische Öffentlichkeit, doch auch eine Empfehlung der WHO beeindruckt die Experten des Gesundheitsamtes nicht. Dennoch kommt diese beharrliche oder auch sture Haltung an.
Nach einer vor drei Wochen publizierten Erhebung hat das Ansteigen der Fallzahlen zu einem Popularitätsschub gegenüber dem stets bedächtig auftretenden Tegnell geführt – 72 Prozent der Befragten schenken dem Mediziner ihr Vertrauen. Auch die schwedischen Journalisten lieben den stets zugänglichen Experten.
Doch wahrscheinlich wird Schweden weiterhin Maßnahmen ergreifen müssen. Die drängende Frage, ob drei Generationen zu Weihnachten zusammenkommen dürfen, wenn die Kinder traditionsgemäß singend um den geschmückten Baum herumtanzen, will das Gesundheitsamt erst im Dezember beantworten.
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