Zur Größenordnung: Österreich emittiert in etwa 80 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Darin eingerechnet (also abgezogen) sind rund fünf Millionen Tonnen CO2, die wir der UNO jedes Jahr als „Senke“ einmelden, weil die Holzmenge insgesamt größer wird.
Auf internationaler Ebene, berichtet die Washington Post, seien aber enorme Diskrepanzen feststellbar – zwischen dem, was Staaten einmelden, und dem, was tatsächlich passiert. Die Washington Post schätzt die jährliche Lücke auf einige Milliarden Tonnen CO2, konkret zwischen 12 und 23 Prozent aller Emissionen.
„Aber wenn wir die aktuellen, weltweiten Emissionen gar nicht kennen, wissen wir auch nicht, ob die aktuelle Emissionsreduzierungen ausreichen, um einen Klimaschutz-Effekt zu erzielen“, zitiert die Zeitung den Stanford-Forscher Rob Jackson, der sich auch beim „Global Carbon Project“ engagiert.
Zurück in Glasgow bei der Klimakonferenz ist den Verhandlern das Problem sehr wohl bewusst. „Na klar“, sagt Österreichs Klimaministerin Leonore Gewessler, die am Dienstag von ihren EU-Kollegen als Chefverhandlerin eines anderen, wichtigen Kapitels (Kohlenstoffmärkte) nominiert wurde. „Schummeln und Buchhaltungstricks helfen niemandem. Und schon gar nicht dem Klima.“
Dass es da ein Problem gebe, sei nicht nur kein Geheimnis, sondern das „Reporting“ sei einer der „großen Fragen dieser Klimakonferenz. Es geht darum, wie man es schafft, dass die Berichtspflichten so vereinheitlicht werden, dass sie vergleichbar sind, Substanz haben und keine Schlupflöcher bieten. Noch gibt es da aber sehr unterschiedliche Einschätzungen der Staaten“, sagt die Ministerin.
In Glasgow gehe es ja grundsätzlich darum, die Regeln des Pariser Klimaabkommen zu fixieren. „Und da wird noch an vielen Tabellen gefeilscht, wie die Staaten berichten müssen und auf welcher Grundlage. Das ist Teil der Verhandlungen.“
Auch in Brüssel ist das Problem der verfälschten Berichte bekannt. Thomas Waitz, Biobauer, Forstwirt und EU-Abgeordneter, der bei der COP Teil der grünen Delegation aus dem EU-Parlament ist, bringt das Thema schon lange in Rage: „Faktisch alle Staaten rechnen sich ihre Kohlenstoff-Senken schön. In Wahrheit müssten sie ihre Forstwirtschaftsstrategien dramatisch ändern, um überhaupt eine Senkenleistung zu haben. Bei den derzeitigen Forstwirtschaftsstrategien emittiert der Boden ja enorm viel Kohlendioxid. Auch durch Trockenlegung von Nasswäldern emittiert der Boden massiv CO2 wie auch durch Trockenlegung von Feuchtgebieten. Und so werden die Treibhausgas-Daten massiv schöngerechnet.“
Aus Verhandlerkreisen bei der Klimakonferenz kommen übrigens positive Signale: Da wird nicht ausgeschlossen, dass das „Reporting“-Problem noch bei dieser COP gelöst (oder zumindest eingefangen) wird. Weil, so ist zu erfahren, der internationale Druck inzwischen groß genug ist, dass kein Land die Verhandlungen scheitern lassen will.
Bernhard Gaul berichtet laufend von der Klimakonferenz in Glasgow, hier geht's zu seinem Tagebuch.
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