Schulz: Gipfel von Bratislava sei "kein Schritt voran"

Schulz und auch Kommissionspräsident Juncker sehen noch kein Ende der EU-Krise.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sieht die europäische Gemeinschaft weiter tief in der Krise. "Die EU ist in keinem guten Zustand, weil die Mitgliedstaaten zerstritten sind", sagte Schulz am Dienstagabend dem Sender France 24. Der Gipfel von Bratislava sei "kein Schritt voran" gewesen.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach in dem gemeinsamen Interview erneut von einer Existenzkrise. Aber immerhin sei das Treffen in Bratislava keine Katastrophe gewesen.

Beratungen nach Brexit

In Bratislava hatten die 27 bleibenden EU-Staaten vor knapp zwei Wochen die Zukunft der Gemeinschaft nach dem geplanten Austritt Großbritanniens beraten. Die Mitgliedstaaten einigten sich zwar auf ein Arbeitsprogramm, um im nächsten halben Jahr Handlungsfähigkeit zu beweisen. Doch kritisierten Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi und der ungarische Regierungschef Viktor Orban die Ergebnisse als zu dürftig.

Schulz sagte, die Union sei nur so stark wie die Unterstützung durch die Mitgliedstaaten. Wie Juncker kritisierte der deutsche SPD-Politiker erneut die fehlende Bereitschaft der osteuropäischen Staaten, die Beschlüsse zur Verteilung von Flüchtlingen umzusetzen. "Solidarität ist ein Prinzip, keine milde Gabe", sagte Schulz. Die Osteuropäer erführen diese Solidarität, wenn sie finanzielle Unterstützung bräuchten oder sich von Russland bedroht fühlten. Nur bei Migration wollten sie damit nichts zu tun haben. "Wenn man die Solidarität infrage stellt, stellt man die EU infrage", kritisierte er.

Juncker für zweite Amtszeit von Schulz

Schulz ließ erneut offen, ob er nach Ende seiner zweiten Amtszeit als Parlamentspräsident noch einmal antritt. Ob er gewählt würde, ist unklar: Die Konservativen im Parlament wollen einen eigenen Kandidaten aufstellen und den sozialdemokratischen Politiker im Jänner 2017 ablösen. Juncker ist dafür, dass Schulz bleibt.

Schulz nennt Barrosos Wechsel zu Goldman Sachs inakzeptabel

Der EU-Parlamentspräsident hat den Wechsel des früheren Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso zur Goldman Sachs scharf kritisiert. Dass Barroso nur zwei Jahre nach seinem Ausscheiden bei der EU als Berater der Investmentbank auftrete, sei völlig inakzeptabel, sagte der SPD-Politiker dem Sender France 24. Gleichzeitig nahm er die derzeitige EU-Kommission in Schutz.

Auch Juncker wies Kritik zurück. Man müsse aufhören, die EU-Kommission für alles verantwortlich machen, sagte Juncker.

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