Schottland: Entscheidung über neues Referendum

Ein neuerliches Unabhängigkeitsreferendum scheint eine ausgemachte Sache zu sein. Die Regierung in London lehnt eine Abstimmung vor Ende der Brexit-Verhandlungen ab.

Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon verlangt ein neues Unabhängigkeitsreferendum noch vor dem britischen EU-Austritt: Nur einen Tag vor der angekündigten Austrittserklärung aus London will das schottische Parlament am Dienstagabend über ein neuerliches Referendum abstimmen.

Eine Mehrheit für Sturgeons Vorschlag galt als sicher, obwohl die Regierung in London eine zweite Volksabstimmung ablehnt. Am Mittwoch will Premierministerin Theresa May dann in Brüssel den Brexit-Antrag einreichen.

Abstimmung spätestens im Frühjahr 2019

Sturgeon möchte die Schotten im Herbst 2018 oder spätestens im Frühjahr 2019 erneut über die Loslösung von Großbritannien abstimmen lassen - also noch vor dem voraussichtlichen EU-Austritt Großbritanniens in zwei Jahren. Schottland, das beim Brexit-Referendum im Juni mehrheitlich gegen den EU-Ausstieg gestimmt hatte, will EU-Mitglied oder zumindest im europäischen Binnenmarkt bleiben.

Schottland: Entscheidung über neues Referendum
Scotland's First Minister Nicola Sturgeon attends a debate on a second referendum on independence at Scotland's Parliament in Holyrood, Edinburgh, Britain, March 28, 2017. REUTERS/Russell Cheyne
Eine deutliche Mehrheit für Sturgeons Vorschlag in der Volksvertretung in Edinburgh galt als sicher, weil er neben der Schottischen Nationalpartei (SNP) auch von den Grünen unterstützt wird. Das Votum soll Sturgeon ermächtigen, bei der Regierung in London eine zweite Volksabstimmung über eine Loslösung Schottlands vom Vereinigten Königreich zu beantragen.

Sturgeon: Geänderte Lage durch Brexit-Votum

Beim ersten Referendum 2014 hatte sich eine Mehrheit gegen die Unabhängigkeit Schottlands ausgesprochen. Sturgeon argumentiert nun, mit dem Brexit-Votum habe sich die Ausgangslage geändert: Weil die Schotten mehrheitlich für einen Verbleib in der EU seien, sei ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum erforderlich.

Für ein rechtsverbindliches Votum ist allerdings die Zustimmung des Parlaments und der Regierung in London nötig. Die britische Regierung will einem neuen Referendum zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmen. Erst am Montag hatte May erneut ihre Ablehnung bekräftigt. Jetzt sei "nicht der richtige Moment" für eine solche Befragung, sagte sie bei einem Treffen mit Sturgeon.

May: "Zusammenstehen anstatt uns zu trennen"

May verwies auf die anstehenden Brexit-Verhandlungen mit der EU, die am Mittwoch durch das offizielle Austrittsgesuch ausgelöst werden sollen. Dies sei der Moment, "an dem wir eher zusammenstehen sollten anstatt uns zu trennen", sagte die Regierungschefin. Nach ihren Worten wäre es "ungerecht", das schottische Volk um eine so wichtige Entscheidung zu bitten, bevor "alle Fakten bekannt sind".

Politisch wäre es für May aber trotzdem heikel, sich dem Votum des schottischen Parlaments zu widersetzen. Sich einem "unanfechtbaren demokratischen Mandat" entgegenzustellen hält Sturgeon für "völlig inakzeptabel". May könnte aber zumindest versuchen, die Schotten von einem Aufschub zu überzeugen: Sturgeon hat sich bereits offen für Gespräche über den Zeitpunkt des Referendums gezeigt.

Khan warnte vor hartem Kurs der EU

Londons Bürgermeister Sadiq Khan warnte unterdessen vor den Konsequenzen eines harten Kurses der EU gegenüber Großbritannien in den bevorstehenden Austrittsverhandlungen. "Ein schlechter Brexit-Deal, der London schadet, würde auch der EU schaden", sagte Khan am Dienstag in Brüssel.

Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, bezeichnete den Brexit als schweren Fehler. "Aus unserer Sicht ist es ein historischer Fehler, diese ganze Übung zu machen", sagte der CSU-Europapolitiker. Vor allem der Status der im Vereinigten Königreich lebenden EU-Bürger müsse "sofort geklärt werden". Für Großbritannien werde der Austritt letztlich "sehr teuer" werden.

Auf der Titelseite der Dienstagsausgabe der britischen Boulevardzeitung Daily Mail heißt es: "Mach dir nichts aus Brexit, wer hat Legs-it gewonnen!". Daneben ist ein Foto von Nicola Sturgeon, der Ersten Ministerin Schottlands, und Theresa May, Premierministerin des Vereinigten Königreichs zu sehen. Im Blattinneren wird weiter auf das Äußere der Politikerinnen Bezug genommen. "Was sind die besten Waffen unter ihrem Kommando? Diese Beine!".

Scharfe Kritik an Cover

In einer Kolumne von Sarah Vine heißt es in Bezug auf Strugeons Beine, dass diese ein direkter Versuch der Verführung seien. Von der Öffentlichkeit und Politikern wurde die Titelseite scharf kritisert. Ed Miliband, ehemaliger Vorsitzender der Labour Party, twitterte: "Die 1950er haben angerufen, sie wollen ihre Headline zurück."

Die Titelseite sollte auf die schwierigen Gespräche zwischen den Staatsoberhäuptern über den Brexit verweisen. In Schottland sah diese aber etwas anders aus. Zwar war auf der Ausgabe dasselbe Bild zu sehen, die Headline aber lautete: "Oh so frostig! Die Geheimnisse von dem Gespräch zwischen Nicola und der Premierministerin."

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