Waffen, Geld und große Egos: Zwischen Scholz und Macron geht nichts mehr

Wer lässt sich schon gerne einen Feigling nennen, auch Olaf Scholz nicht, vor allem nicht von einem Mann, der nach Ansicht des deutschen Kanzlers nur auf der Rednertribüne den Helden spielt: Emmanuel Macron.
Keine Soldaten in die Ukraine
Der Franzose hatte kürzlich wieder einmal mehr Entschlossenheit gegen Russland gefordert und dabei vor Feigheit gewarnt. Er musste keine Namen nennen, in Berlin wusste man auch so, wer gemeint war. Scholz überließ es seinem Verteidigungsminister Boris Pistorius, direkt zurückzuschießen und wurde, wie immer in solchen unangenehmen Situationen, ganz besonders schmallippig.
Macrons Überraschung
Nein, die Entsendung von Soldaten in die Ukraine komme für Deutschland nicht in Frage, wiederholte er hartnäckig. Klar, wer hier den Konter kassierte. Macron hatte erst kurz davor die Idee von westlichen Truppen in der Ukraine geboren.
Politischer Theaterdonner, der aber zeigt, wie geladen die Stimmung zwischen Berlin und Paris ist. Wenn der Präsident am Freitag beim Berliner Kanzleramt vorfährt, wird die Begrüßung durch den Hausherren kühl ausfallen. Nicht nur weil der nüchterne Hamburger Scholz grundsätzlich nicht zu Herzlichkeiten neigt, sondern weil zwischen den beiden derzeit außer Misstönen so gut wie gar nichts ausgetauscht wird.
Gegenseitiges Aufrechnen
Und das in einem weltpolitischen Umfeld, das Einheit und Entscheidungen von der EU-Zentralachse Paris-Berlin verlangt. Nach mehr als zwei Jahren Krieg in der Ukraine gehen dem Land Waffen und Munition aus – und Europas politisches Führungspersonal diskutiert seit Monaten, wie man die besorgen könnte. Fünf Milliarden schwer ist der für diese Zwecke geschaffene Hilfsfonds. Klingt nach viel Geld, ist aber vor allem ein Produkt recht kleinlichen gegenseitigen Aufrechnens. Der Rechenkönig: Olaf Scholz.
Deutschland hat in großer Menge Kriegsmaterial, etwa den Panzer Leopard 2, in die Ukraine geliefert. Das alles will man jetzt eingepreist bekommen. Deutschland käme damit ohne weiteres Geld für die Ukraine davon. Das hilft zwar dort wenig, aber dafür dem gerade erst mühselig geflickten deutschen Budget.
Auf Frankreich zeigen
Scholz beschränkte sich nicht aufs Rechnen sondern zeigte auch mit dem Finger auf jene, die beim Waffen liefern angeblich säumig waren – allen voran Frankreich. Dort wollte man sich von den Deutschen nicht schulmeistern lassen. Paris stellte andere Berechnungen an, bei denen man besser aussah und begann seinerseits mit Untergriffen Berlin.
Zauderer Scholz
Dort bietet der Kanzler reichlich Angriffsfläche. Seit Monaten verweigert er die Lieferung von Marschflugkörpern deutscher Bauart an die Ukraine. Die müssten von deutschen Soldaten vor Ort startklar gemacht werden – und deutsche Soldaten in der Ukraine wären für Putin der perfekte Beweis für seine These, das Russland gegen den gesamten Westen kämpfe.
Frankreich hat ähnliche Marschflugkörper längst geliefert und setzt die auch politisch ein – gegen Berlin. Was denn das Zögern solle, fragte Macron, jetzt sei „strategisches Aufwachen“ gefragt.
Grobheiten auf offener Bühne – und dahinter, vor allem auf EU-Ebene, der Streit ums Geld, wie seit eh und je zwischen Berlin und Paris.
Schuldenstreit
Milliarden für die Ukraine, aber auch für das auf einmal dringende Aufrüsten in ganz Europa, müssen beschafft werden. Frankreich gibt sich wie immer großzügig, will – wie schon in der Corona-Pandemie - gemeinsame europäische Schulden aufnehmen. In Deutschland n will man davon nichts wissen. Die alte Rolle als Sparmeister Europas beherrscht auch die aktuelle Regierung in Berlin.
Zwei übergroße Egos
Es gibt also reichlich Konflikte aus dem Weg zu räumen, bei diesem Treffen in Berlin. Die beiden ziemlich großen Egos am Verhandlungstisch trennen aber nicht nur Waffen und Milliarden, sondern auch grundsätzliche Charaktereigenschaften. Der theatralische, chronisch wortverliebte Franzose und der kühle deutsche Schweigekanzler konnten noch nie so recht miteinander. Donald Tusk, der polnische Premier, der am Freitag ein paar Stunden später zu den zwei dazustößt, wird wohl sehr dicke Luft im Kanzleramt atmen.
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