Saudi-Arabien nahm elf Prinzen nach Protest fest

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Die Mitglieder der Königsfamilie sollen Wasser- und Stromrechnungen selbst bezahlen.

In Saudi-Arabien hat das Königshaus elf Prinzen festnehmen lassen, die gegen Sparmaßnahmen auf ihre Kosten protestierten. Die Prinzen hatten sich aus Ärger darüber, dass sie ihre Strom- und Wasserrechnungen künftig selbst bezahlen müssen, vor einem Palast in Riad versammelt, wie Generalstaatsanwalt Saud al-Mojeb am Sonntag mitteilte.

Sie wurden in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht und sollen vor Gericht gestellt werden. Die elf Prinzen, deren Namen nicht genannt wurden, waren den Angaben zufolge am Donnerstag vor dem Palast Qasr al-Hokm in Riad zusammengekommen, um gegen ein königliches Dekret zu protestieren, das die Abschaffung staatlicher Subventionen zur Begleichung der Strom- und Wasserrechnungen von Mitgliedern der Königsfamilie vorsieht.

Finanzielle Entschädigung für Hinrichtung

Die Prinzen verlangten zudem eine finanzielle Entschädigung für die Hinrichtung eines Cousins, der 2016 wegen Mordes zum Tode verurteilt und hingerichtet worden war.

Obwohl den Prinzen gesagt wurde, dass ihre Forderungen "unrechtmäßig" seien, weigerten sie sich, ihre Kundgebung zu beenden, wie der Generalstaatsanwalt erklärte. Damit hätten sie "die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört" und seien deshalb festgenommen worden. Sie sitzen nun im Hochsicherheitsgefängnis al-Hajer südlich von Riad ein und sollen nach einer Anklage "in mehreren Punkten" vor Gericht gestellt werden.

Im November waren in Saudi-Arabien mehr als 200 Prinzen, Politiker und Geschäftsleute unter Korruptionsverdacht festgenommen worden. Die meisten wurden in das Fünf-Sterne-Hotel Ritz-Carlton in Riad gebracht. Unter den dort "Inhaftierten" waren Prinz Al-Waleed bin Talal und andere superreiche Geschäftsleute.

100 Milliarden Dollar

Ihnen wird vorgeworfen, den ölreichen Wüstenstaat über Jahrzehnte hinweg um insgesamt 100 Milliarden Dollar (83 Milliarden Euro) erleichtert zu haben. Beobachter sehen in dem Vorgehen aber einen Versuch des ehrgeizigen Kronprinzen Mohammed bin Salman, Rivalen auszuschalten und die Macht in seinen Händen zu konzentrieren.

König Salman hatte in einem am Freitagabend erlassenen Dekret eine Erhöhung der Sozialleistungen für seine Untergebenen angekündigt. Damit sollen die Auswirkungen anderer Maßnahmen, wie die Einführung einer Mehrwertsteuer, abgemildert werden.

Dem Dekret zufolge erhalten Militärs und Staatsbedienstete eine Zuwendung von umgerechnet 222 Euro. Stipendien für Studierende werden um zehn Prozent erhöht. Außerdem bekommen Soldaten an der Grenze zum Jemen, wo Saudi-Arabien an der Spitze einer Militärkoalition die schiitischen Houthi-Rebellen bekämpft, eine Prämie von umgerechnet gut 1100 Euro.

Mitgliederzahl der Königsfamilie unbekannt

Demonstrationen, zumal von Mitgliedern der Königsfamilie, sind in dem autoritär regierten Land eine Seltenheit. Selbst während der Arabischen Aufstände 2011 kam es dort kaum zu Protesten. Unklar ist, wie viele Mitglieder zur saudischen Königsfamilie gehören. Die Angaben reichen von 5.000 bis mehr als 15.000.

Saudi-Arabien hatte zum Jahresanfang im Zuge von Wirtschaftsreformen unter anderem eine Mehrwertsteuer eingeführt. Auch die Benzinpreise erhöhte die Regierung massiv um mehr als 80 Prozent. Dem islamisch-konservativen Königreich, das viel Geld in die Rüstung steckt, machte in den vergangenen Jahren der Ölpreisverfall schwer zu schaffen. Das Budgetdefizit lag 2017 bei 8,9 Prozent, das ist ein Minus von 230 Milliarden Rial (etwa 52 Milliarden Euro).

Umfassendes Reformprogramm

Um das Land unabhängiger vom Öl zu machen, will Saudi-Arabien mit einem umfassenden Reformprogramm in den nächsten Jahren seine Wirtschaft umbauen. Dabei sollen auch Teile des staatlichen Ölriesen Aramco an die Börse gebracht werden. Mit den Sonderzahlungen in Milliardenhöhe will das Königshaus die Folgen der Wirtschaftsreformen für seine Bürger abfedern. Einem Regierungsberater zufolge belaufen sich die Ausgaben dafür auf insgesamt mehr als 50 Milliarden Rial (etwa 11 Milliarden Euro).

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warf unterdessen den saudischen Behörden vor, seit vier Monaten einen populären sunnitischen Geistlichen ohne Anklage inhaftiert zu haben. Salman al-Auda war im September neben anderen Regierungskritikern festgenommen worden. Die Reformen in Saudi-Arabien seien zum Scheitern verurteilt, wenn das Justizsystem den Rechtsstaat durch willkürliche Festnahme missachte, erklärte HRW.

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