Konkret aber bedeutete dies, dass die Österreichische Regierung quasi "geschnitten" wurde: „Die Regierungen der 14 Mitgliedsstaaten werden keinerlei offizielle bilaterale Kontakte auf politischer Ebene mit einer österreichischen Regierung unter Einbindung der FPÖ betreiben oder akzeptieren“, drohten die EU-Partner. Zudem wurde jede Unterstützung für potenzielle österreichische Kandidaten verweigert, die Positionen in internationalen Organisationen anstrebten“. Und österreichische Botschafter wurden in den EU-Hauptstädten nur noch auf technischer Ebene empfangen.
Fazit: „kein business as usual“ mehr.
Kein Skiurlaub mehr in Österreich
Einzelne Spitzenpolitiker wie der damalige belgische Außenminister Louis Michel gingen sogar soweit, ihre Staatsbürger vor Skiurlauben in Österreich zu warnen.
Wogegen Jörg Haider, der im Februar 2000 vom FPÖ-Vorsitz zurücktrat, auf seiner Seite Öl ins Feuer goss: Beim Politischen Aschermittwoch der Freiheitlichen im März ätzte er über Frankreichs Staatschef Chirac als „Westentaschen-Napoleon des 21. Jahrhunderts“.
Im Gegensatz dazu distanzierte sich die EU-Kommission in Brüssel von den Maßnahmen: Sie teilte zwar die Sorge vor einer FPÖ-Regierungsbeteiligung, erhielt aber die Beziehungen zu Österreich normal aufrecht. Das offizielle Credo der Behörde in Brüssel: Mit jeder Regierung eines EU-Staates müsse zusammengearbeitet werden, in innenpolitische Angelegenheiten mische man sich nicht ein.
Folge der "Sanktionen", die keine wirtschaftlichen, sondern nur diplomatisch-politische waren: "Sie wollten eine demokratisch legitimierte Regierung verhindern", sagte Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel Jahre später in einem APA-Interview. "Das ist zurecht mit einer krachenden Bauchflecklandung geendet. Und daraus wurden auch Lehren gezogen.“
Die Exit-Strategie
Nach Innen rückten die Österreicher zusammen, wollten sich von außen nicht diktieren lassen, wen sie wählen sollen. Die EU-Skepsis nahm zu, in einem Maß, das auch die anderen europäischen Staaten dazu brachte wieder umzudenken. Wie rauskommen aus diesen "Sanktionen", die nirgendwo hinführten?
Aufgehoben wurde die diplomatische Isolation Österreichs durch die EU-14 sieben Monate später, Mitte September 2000. Zuvor hatten die Staaten einen dreiköpfigen Weisenrat einberufen, der Österreich überprüfen sollte: Zu ihm gehörten Finnlands Ex-Präsident Martti Ahtisaari, der deutsche Völkerrechtler Jochen Frowein und der frühere spanische EU-Kommissar Marcelino Oreja.
Gemeinsam kamen sie zum Schluss, dass die österreichische Regierung für die europäischen Werte eintritt und die Rechtslage jener der anderer EU-Staaten entspricht.
Zwar wurde die FPÖ wurde als „populistische Rechtspartei mit radikalen Elementen“ charakterisiert, und der Weisenrat kritisierte auch fremdenfeindliche Aussagen aus der Partei. Insgesamt aber, hielt das Gremium fest, seien die Maßnahmen kontraproduktiv gewesen und hätten in Österreich nationalistische Gefühle hervorgerufen.
Die "Atombombe"
Die Lehre aus diesem diplomatischen Flop: Nur drei Monate später beschlossen die EU-Staats- und Regierungschefs in Nizza, sich fixe Regeln zu geben, um künftig ähnliche Situationen zu vermeiden.
Beschlossen wurde das "Artikel-7"-Verfahren, die so genannte "Atombombe", die bis zu einem Entzug der Stimmrechte eines EU-Staates führen kann. Wie sich allerdings am Beispiel Ungarns zeigte: Auch dieses Verfahren kann Regierungen nicht dazu zwingen, den Kurs zu ändern - weil es einstimmig gegen den besagten Staat geführt werden müsste. Was bisher nie der Fall war.
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