Gewaltkult in Russland: "Wie in Österreich im Zweiten Weltkrieg"

Gewaltkult in Russland: "Wie in Österreich im Zweiten Weltkrieg"
Putins Hypermaskulinität und die brutalen Gewaltexzesse seiner Soldaten in der Ukraine haben gemeinsame Wurzeln. Forscherin Sabine Fischer im Gespräch über die giftige Mischung, die das Land noch Jahrzehnte verfolgen wird.

Wer sein Frau schlägt, darf das straffrei tun, und auch Soldaten, die vergewaltigen, werden fast nie belangt - im Gegenteil, manchmal werden sie sogar als Helden verhert. Sabine Fischer, eine der bekanntesten Russland-Expertinnen Deutschlands, sieht zwischen den nackten Oberkörper-Bildern Putins, dem Männlichkeitskult und der ausufernden Gewalt im Land und vor allem im Krieg gegen die Ukraine einen großen Zusammenhang: Geradezu "nekrophil" seien Heldenverehrung und Gewaltkult in Russland, sagt die Forscherin im Interview. 

Russland spricht besonders brutal über die Ukraine. Ex-Präsident Medwedew sagte kürzlich, man solle „ja keine Menschlichkeit“ walten lassen, Ukrainer „hätten kein Recht zu leben“. Warum ist das so normal? 

Gewalt ist schon lange Teil der russischen Politik, in der Sowjetzeit und den 1990ern haben die Menschen teils extreme Gewalterfahrungen gemacht – im Afghanistankrieg, in den Tschetschenienkriegen, in Georgien. Aufgearbeitet wurde das aber nie, so kann sich die Gewalt immer fortsetzen: von der privaten auf die gesellschaftliche, politische und internationale Ebene. 

Unter Putin fand zudem in den letzten 15 bis 20 Jahren eine bewusste Entgrenzung statt, Gewalt wurde entkriminalisiert und verherrlicht. Die großen Säuberungen der Stalinzeit und der Zweite Weltkrieg wurden glorifiziert. Das Regime hat so die ganze Geschichte umgeschrieben, das Gewalttrauma wurde durch eine nekrophile Heldenverehrung verdrängt.

Kommentare