Seit 2014, als Putin nach der Krim-Annexion die russische „Wende nach Osten“ propagierte, hat sich das Handelsvolumen beider Länder verdoppelt. Man führt gemeinsam Militärmanöver durch, von denen Chinas Truppe profitiert, der jegliche Kampferfahrung fehlt. Moskau verkauft Peking moderne Waffen, zudem ist China Russlands größter Abnehmer von Öl und Gas. Auch Holz importiert China in großem Stil: Weil es die eigenen Wälder aus Umweltschutzgründen in Ruhe lässt, sind in Sibirien mittlerweile ganze Landschaften verödet.
Das illustriert gut, wie China die Rollenverteilung sieht. „Russland braucht China viel stärker als umgekehrt“, sagt Aleksandr Gabuew von Carnegie Moskau in einem Expertengespräch. Peking sehe Russland als Juniorpartner, stelle ihm Kapital und Technologie zur Verfügung, während es selbst energiehungrig Ressourcen einkaufe. Russland hingegen profitiere durch die chinesische Rückendeckung vor allem in seinen Expansionsbestrebungen – im Fall von Sanktionen wäre China der große „Stoßdämpfer und Rettungsanker“, sagt Gabuew; und das nicht nur wirtschaftlich, sondern auch diplomatisch. China hat für Russland nämlich seine dogmatische Politik der Nichteinmischung aufgegeben und aktiv Partei ergriffen – auch in Sachen Ukraine. Im UN-Sicherheitsrat stand Peking am Montag als einziges Mitglied Partei hinter Moskau. Die Krim-Annexion hatte Peking im Jahr 2014 noch nicht anerkannt.
Auch hier sind es Eigeninteressen, die Xi Jinping antreiben. Russlands Expansionspolitik dient China nämlich als Blaupause. Marschiert Putin in der Ukraine ein und der Westen lässt ihn gewähren, hätte Peking bei seinem Vorgehen in Taiwan und Hongkong auch weniger Skrupel.
Dass Xi und Putin so gut miteinander können, ist auch in einer gemeinsamen Feindschaft begründet. Beide sehen sich in Rivalität zu den USA, und beide treibt die Angst um, dass Washington ihre Regime unterwandern und stürzen will. Nicht umsonst insinuieren die Staatschefs, Volksaufstände in der Ukraine, in Hongkong oder zuletzt Kasachstan seien von Washington finanziert.
Dass dabei sowohl Putin als auch Xi eine globale Vormachtstellung anstreben, könnte die alte Rivalität zwischen Moskau und Peking allerdings wiederbeleben. Derzeit lässt China Putin in seinen Machtfantasien aber gewähren, weil er ein „nützlicher Partner“ ist, sagt Gabuew – das Reich der Mitte sitzt mit seiner zehnmal größeren Wirtschaftsleistung ohnehin am längeren Hebel.
Wie weit Xis Freundlichkeit geht, wird man am Freitag sehen. Der Kreml hat nämlich eine „gute Überraschung“ angekündigt; was das ist, ließ man offen. Eines wünscht man sich in Peking jedenfalls nicht: Dass sich ein Szenario wie 2008 wiederholt, als russische Truppen im Ex-Sowjetstaat Georgien einmarschierten – just, als Putin Gast bei der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in Peking war.
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