Russische Spionin in Washington: Putins schärfste Waffe

Maria Butina, 29, soll über die Rüstungslobby die US-Politik im Sinne Moskaus beeinflusst haben

Das offizielle Moskau, so heißt es, versuchte in den vergangenen Jahren massiv Einfluss auf die US-Politik zu nehmen. Insbesondere auf die Republikanische Partei. In den vergangenen Tagen wurde der Vorwurf um eine – attraktive – Facette reicher.

Maria Butina heißt sie, ist 29 Jahre alt und sitzt seit Sonntag in Washington in Haft. Die Kaution wurde ihr verwehrt, denn die Staatsanwaltschaft wittert Fluchtgefahr. Laut Anklage der US-Justiz („Agentin der Russischen Föderation in den Vereinigten Staaten“) soll sie sich über die Waffenorganisation National Rifle Association (NRA) Zugang zu Politikern verschafft haben, um russische Interessen voranzutreiben. Unter anderem soll sie zumindest einmal Sex als Gegenleistung für einen einflussreichen Job angeboten haben.

Laut US-Gesetz müssen sich ausländische Lobbyisten und Diplomaten vor Beginn ihrer Tätigkeit in den USA beim Justizministerium melden, was Butina nicht getan hat. Dennoch plädiert die 29-Jährige auf nicht schuldig. Bis zu fünfzehn Jahre Haft erwarten die Russin im Fall eines Schuldspruchs.

Ihre Tarnung: Pistolen

Offiziell studierte Maria Butina seit 2015 in Washington Internationale Beziehungen. Sie ist sportlich, postete Dutzende Fotos mit Schusswaffen und nahm Flugstunden. Sie gab sich als Gründerin einer russischen Waffenlobby-Organisation aus und bekräftigte mehrmals öffentlich, dass sie sich nicht nur lockerere Waffengesetze, sondern auch eine bessere Beziehung zwischen Moskau und Washington wünsche. Sollte sie eine Agentin gewesen sein, sehr geheim ist sie es nicht angegangen.

Die US-Justiz machte in ihrer Anklage fest, dass Butina zumindest zwischen 2015 und 2017 auf Weisung eines hochrangigen russischen Regierungsmitglieds in den USA tätig gewesen sein soll. Medien identifizierten diesen Kontaktmann als Alexander Torshin, Vizechef der russischen Zentralbank, der mittlerweile unter US-Sanktionen steht. Mehrmals soll sie mit ihm von Russland in die USA gereist sein.

Jung, groß, kokett

Unter anderem soll die Einflussnahme auf die US-Politik über ihre Aktivistenrolle funktioniert haben. Die von ihr gegründete Pro-Waffen-Organisation wollte sie als Äquivalent zur NRA in Russland aufbauen. Butina traf sich mit NRA-Vertretern und möglichen Präsidentschaftskandidaten, brachte NRA-Mitarbeiter zum Austausch nach Moskau. Ihr Aussehen und ihr Auftreten öffneten ihr Türen. Sie ist jung, groß und kokett. In einer grauhaarigen, männerdominierten Gesellschaft stach sie hervor, werden anonyme NRA-Funktionäre im Guardian zitiert, die Maria Butina kannten. Unter anderem schaffte sie es, 2013 John Bolton als Testimonial für ihre Organisation zu gewinnen. Mittlerweile ist er Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump.

Und auch Trump selbst hat sie schon getroffen. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Las Vegas im Sommer 2015. Als eine von mehreren Hundert Zuhörern stellte Butina dem damaligen Präsidentschaftskandidaten mit starkem russischen Akzent eine Frage zu den Russland-Sanktionen und den Beziehungen der beiden Länder. Putin fiel ihr damals ins Wort: „Aaaaaah, Putin, ein guter Freund von Obama! Ich denke, ich würde gut mit ihm auskommen.“

Im Zuge von Butinas Verhaftung kam vor allem ein Republikaner ins Wanken: Scott Walker, Gouverneur von Wisconsin, der das Ziel hatte, Präsidentschaftskandidat zu werden. Auf einem Foto von 2015 ist er mit Butina und Torshin zu sehen. Sein Spendenkomitee (PAC) hat eine Million Dollar von dem Putin-nahen Oligarchen Len Blavatnik erhalten, was nun von Russland-Sonderermittler Mueller überprüft wird.

Agentin 00-Sex

Der Fall erinnert an Anna Wassiljewna Kuschtschenko, besser bekannt als Anna Chapman. Die Russin mit dem Nachnamen ihres Ex-Mannes hatte in London Wirtschaft studiert und arbeitete bis 2010 in New York als Maklerin – offiziell. Sie wurde – zeitgleich mit neun anderen Russen als Agentin aufgedeckt und in einer spektakulären Aktion am Wiener Flughafen gegen vier in Russland tätige US-Spione ausgetauscht.

Kommentare