Sorge um Sicherheit des ukrainischen AKW Saporischschja
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste gefährden Aktionen der russischen Streitkräfte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Sicherheit des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja. Moskaus Absichten im Hinblick auf das größte Atomkraftwerk in Europa seien fünf Monate nach Beginn des Krieges noch immer unklar, hieß es am Freitag in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums.
Die Russen setzten wohl Artillerieeinheiten in den an das Kraftwerk angrenzenden Gebieten ein, um ukrainische Regionen westlich des Dnipro-Flusses anzugreifen. Womöglich nutzten sie dabei den Hochsicherheitsstatus des Kraftwerkgeländes aus, um sich und ihre Ausrüstung vor nächtlichen ukrainischen Gegenangriffen zu schützen, hieß es.
Mit sechs Blöcken und einer Leistung von 6.000 Megawatt ist das Werk in der Stadt Enerhodar in der Oblast Saporischschja das größte Atomkraftwerk Europas. Russische Truppen hatten die Anlage Anfang März besetzt. Danach wurde das Kernkraftwerk von ukrainischem Personal weiterbetrieben, aber von russischen Nuklearspezialisten überwacht.
Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA (IEAO) hat die Lage am Kernkraftwerk als äußerst unbeständig und fragil bezeichnet. "Alle Prinzipien nuklearer Sicherheit wurden auf die eine oder andere Art verletzt", sagte Rafael Grossi in dieser Woche in New York. Eine IAEA-Inspektion zur Prüfung der technischen Sicherheit sei dringend erforderlich.
Russische Streitkräfte eroberten Pisky
Russische und pro-russische Truppen haben einer russischen Agenturmeldung zufolge am Rande der ostukrainischen Stadt Donezk in der Ostukraine das befestigte Dorf Pisky eingenommen. Auch in der Industriestadt Bachmut im Norden von Donezk seien Kämpfe ausgebrochen, meldet die russische Nachrichtenagentur TASS. Am Vortag teilte das ukrainische Militär mit, es habe zwei Angriffe der russischen Streitkräfte auf Pisky abgewehrt.
Die Stadt Donezk selbst wird bereits seit 2014 von prorussischen Separatisten kontrolliert, das gleichnamige Gebiet hält die ukrainische Armee aber weiter in großen Teilen.
Auch die südwestlich von Donezk liegenden Ortschaften Marjinka und Krasnohoriwka gerieten ukrainischen Angaben zufolge zuletzt unter intensiven Beschuss. Zudem wurde das Zentrum der Stadt Awdijiwka beschossen. Die Anstrengungen dienen offenbar dazu, Donezk zu entlasten. Die Industriestadt war zuletzt mehrfach von der ukrainischen Artillerie beschossen worden.
Auch die südwestlich von Donezk liegenden Ortschaften Marjinka und Krasnohoriwka gerieten ukrainischen Angaben zufolge zuletzt unter intensiven Beschuss. Zudem wurde das Zentrum der Stadt Awdijiwka beschossen. Die Anstrengungen dienen offenbar dazu, Donezk zu entlasten. Die Industriestadt war zuletzt mehrfach von der ukrainischen Artillerie beschossen worden.
Russische Truppen versuchen zudem weiter, den Verteidigungsring um den Ballungsraum Slowjansk - Kramatorsk im Gebiet Donezk zu sprengen. Südöstlich des Verkehrsknotenpunkts Bachmut halten nach Angaben des Generalstabs die Gefechte an.
Untersuchung angekündigt
Knapp eine Woche nach dem verheerenden Angriff auf ein Kriegsgefangenenlager in der Ostukraine kündigte unterdessen UNO-Generalsekretär António Guterres eine Untersuchung an. Die Vereinten Nationen hätten sowohl von Russland als auch von der Ukraine ein entsprechendes Gesuch erhalten, sagte Guterres am Mittwoch in New York. Er sei "nicht dazu befugt, strafrechtliche Ermittlungen aufzunehmen", könne jedoch eine Untersuchungsmission einleiten. Die Vorbereitungen dazu liefen.
Amnesty: Ukraine bringt Zivilisten in Gefahr
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft der ukrainischen Armee vor, mit ihrer Kriegsführung teils Zivilisten in Gefahr zu bringen. Sie errichte etwa Stützpunkte in Wohngebieten - darunter auch in Schulen und Krankenhäusern - oder bediene dort Waffensysteme, hieß es. Das Kriegsrecht aber verlange, militärische Objekte so weit wie möglich entfernt von zivilen Einrichtungen zu platzieren. Amnesty kritisierte Moskau jedoch auch für "die vielen wahllosen Schläge des russischen Militärs mit zivilen Opfern". Kiew zeigte sich empört und wies die Vorwürfe zurück.
Präsident Wolodymyr Selenskij warf Amnesty vor, die Menschenrechtsorganisation verlagere die Verantwortlichkeit vom Aggressor auf das Opfer. Wer einen solchen Zusammenhang herstelle, "muss sich eingestehen, dass er damit Terroristen hilft", sagte Selenskij in einer Videoansprache am Donnerstagabend. "Jeder Versuch, das Recht der Ukrainer in Frage zu stellen, sich dem Völkermord zu widersetzen, ihre Familien und Häuser zu schützen", sei eine "Perversion", schrieb der ukrainische Verteidigungsminister Olekxij Resnikow auf Facebook.
Gesundheitsnotstand verschärft sich
Generalsekretär Jens Stoltenberg wirft Russland mit dem Krieg in der Ukraine einen "Angriff auf die aktuelle Weltordnung" vor. "Es ist in unserem Interesse, dass diese Art von aggressiver Politik keinen Erfolg hat", sagt Stoltenberg in einer Rede in seinem Heimatland Norwegen. Russland dürfe den Krieg in der Ukraine nicht gewinnen. Es handle sich um die gefährlichste Situation in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Stoltenberg bekräftigt die Verteidigungsentschlossenheit der NATO. Wenn der russische Präsident Wladimir Putin in ähnlicher Weise gegen ein NATO-Land vorgehe, werde das gesamte Bündnis reagieren.
In der Ukraine verschärft sich zudem nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Gesundheitsnotstand. In diesem Jahr habe es eigenen Daten zufolge 434 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen in dem Land gegeben. Das sei weit mehr als die Hälfte der weltweit gemeldeten 615 Angriffe, teilt die WHO mit. Überlastetes Personal, verstärkter Beschuss von Gesundheitseinrichtungen und der nahende Winter schürten die Sorgen vor einer weiteren Verschlechterung der Lage. Die Menschen in den Gebieten, die wegen anhaltender Kämpfe nicht erreicht werden können, seien am stärksten gefährdet. Dazu gehörten die östliche Donbass-Region und Cherson im Süden des Landes.
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