Russland: Medizinische Zwangstests für Ausländer

Moskau, der Kreml
Neues Gesetz: Wer die Ergebnisse nicht vorlegt, kann seine Arbeitserlaubnis verlieren

Die meisten der rund 400 in Russland lebenden und arbeitenden Österreicher wissen erst seit Kurzem, was sie dort erwartet: nämlich aufwendige medizinische Untersuchungen. Wer ab Jänner nicht binnen 30 Tagen nach der Einreise alle Ergebnisse vorlegt, muss schlimmstenfalls das Land verlassen. So weit sieht es das neue, seit Mittwoch geltende russische Gesetz vor.

Betroffen sind alle in Russland lebenden Ausländer, die älter sind als sechs Jahre. Die überwiegende Mehrheit der 11,6 Millionen Ausländer sind Gastarbeiter aus den zentralasiatischen Republiken. Doch der lauteste Protest über die neuen, rigiden Gesundheitsvorschriften kam bisher von der deutsch-russischen Auslandshandelskammer: „Mit diesem Gesetz besteht die Gefahr, dass sich für Russland wichtige ausländische Manager im großen Stil von Russland abwenden.“Denn als Schikane wird nicht nur der Umfang der ärztlichen Untersuchungen empfunden: So müssen sich die Ausländer auf Tuberkulose, Drogenmissbrauch, Syphilis, HIV und natürlich auch auf das Corona-Virus testen lassen, Bluttests und Röntgenaufnahmen sind abzuliefern. Fingerabdrücke und biometrische Daten werden sodann dem Migrationsministerium weitergeleitet. Wer sich weigert, riskiert den Entzug seiner Arbeitsgenehmigung.

Russland: Medizinische Zwangstests für Ausländer

Ausgenommen sind nur Diplomaten und – als besonderes Zugeständnis an Moskaus Verbündeten Aleksandr Lukaschenko – die Bürger Weißrusslands.

Touristen oder Reisende, die nur kurz in Russland zu tun haben, betrifft die neue Regelung nicht.

Für Ärger aber sorgt vor allem, dass die Untersuchungen alle drei Monate wiederholt werden müssen. Wobei sich schon das nächste Problem auftut: Die Untersuchungen können nicht bei einem Arzt eigener Wahl vorgenommen werden. Und für die Multimillionen-Metropole Moskau ist derzeit nur eine einzige zentrale Stelle vorgesehen.

Zigtausende Wartende würden hier einander ununterbrochen auf die Füße steigen. Weshalb, wie ein Russland-Kenner dem KURIER versichert, „erst einmal abgewartet werden muss, wie das Geschehen anläuft.“

Tatsächlich dürfte massiver Druck auf die Regierung Erfolg zeigen. Es soll bereits Signale für mehr Flexibilität geben. Die Untersuchungen könnten auf ein Mal pro Jahr begrenzt werden.

"Nationale Sicherheit"

Russlands Regierung begründet die neuen, strengen Vorschriften mit „nationaler Sicherheit“ und der Hebung der „Gesundheitsstandards“. Ärztliche Atteste und medizinische Check-ups sind weltweit für Arbeitserlaubnisse nicht unüblich – nicht aber in dem Ausmaß und der Häufigkeit, wie sie Russland nun von Ausländern einfordert.

Die größte Gesundheitsgefahr ging in Russland im Vorjahr von Corona aus: 300.000 Menschen sind seit Ausbruch der Pandemie gestorben. Wegen der hohen Todeszahlen sank die allgemeine Lebenserwartung in Russland um zwei Jahre. Die Durchimpfungsrate (zwei Stiche) liegt derzeit bei 45 Prozent.

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