Die Liste der Streitpunkte zwischen Orbáns Truppe in Brüssel und den Bürgerlichen im EU-Parlament ist lang: Angriffe auf die unabhängige Justiz in Ungarn, auf die Pressefreiheit, die EU-Kommission, die Vertreibung der Central European University aus Budapest und nicht zuletzt Korruptionsvorwürfe.
Othmar Karas, einer der heftigsten Kritiker des ungarischen Premiers, kämpft seit Langem für Sanktionen gegen den ungarischen Kurs: „Der Austritt von Fidesz aus der EVP-Fraktion ist die Konsequenz von gescheiterten Erpressungsversuchen Orbans.“ Der Ausschluss aus der christdemokratischen Parteienfamilie, so twitterte der ÖVP-Mandatar und Vize-Präsident des EU-Parlaments, sei „nur mehr eine Formsache“.
Der EVP-Fraktion gehen 12 der insgesamt 187 Stimmen im EU-Parlament verloren. Sie bleibt dennoch die größte Gruppe – vor den europäischen Sozialdemokraten mit 145 Mandataren.
Orbáns EU-Abgeordnete werden sich nun eine neue politische Heimat suchen. Die bietet sich bei der nationalkonservativen EKR-Fraktion an. Viktor Orbán hatte dort bereits vor einigen Tagen „verlässliche Mitstreiter“ geortet, „die ein gemeinsames Weltbild teilen und ähnliche Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit geben“. Vor allem aber, so der ungarische Premier, teile man „dieselben christlichen und konservativen Werte“.
Der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) gehören derzeit 62 Mandatare an, sie ist die sechstgrößte Gruppe im EU-Parlament. Ihr hatte der Brexit einen schweren Verlust beschert: Mit dem Austritt der Briten aus der EU mussten auch die konservativen Tory-Abgeordneten aus dem EU-Parlament und eben der EKR ausziehen. Die meisten Abgeordneten bei den Konservativen stellt die polnischen Regierungspartei PiS (24).
Sie stehen den ungarischen Fidesz-Mandataren politisch näher als die extremen Rechts-Populisten der Fraktion ID (zu der auch die FPÖ gehört). Die ID aber würde sich über Stimmenzuwachs aus Ungarn freuen: „Orbán ist bei uns willkommen“, lockte Jörg Meuthen, EU-Abgeordneter und Ko-Parteichef der AfD.
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