Wieso Robert Kennedy Donald Trump einen „Bärendienst” erweisen könnte
Scott Jennings ist beim tendenziell liberalen TV-Sender CNN der Trump-„Bodyguard”. Wenn die Kritik am republikanischen Präsidentschaftskandidaten überhand nimmt, grätscht der schnell sprechende Analyst beherzt dazwischen, auch wenn die Kollegen die Augen rollen.
Am Freitagabend war das anders. Nach der Ankündigung von Robert F. Kennedy, seine zuletzt als Parteiunabhängiger geführte Kandidatur für das Weiße Haus mangels Erfolgsaussichten de facto einzustampfen und im Gegenzug für einen Job in einer künftigen konservativen Regierung eine Allianz mit Donald Trump einzugehen, war Jennings das Unwohlsein förmlich anzusehen. Sein Petitum: Vorsicht! Sich mit einem „Verrückten” einzulassen, könne nach hinten losgehen.
Was Jennings meint: RFK Jr., auch wenn Hunderttausende Amerikaner in ihm bis zuletzt eine lohnende Alternative zu den Kandidaten von Republikanern und Demokraten sahen, gilt im Washingtoner Politik-Betrieb als „simply nuts” - schlicht verrückt.
Robert Kennedy gilt als "simply nuts"
So gab er selbst an, dass ein Wurm Teile seines Gehirns gefressen habe. Trotzdem würde er freiwillig fünf weitere Würmer essen - und dennoch in einer TV-Debatte (für die er nie die Kriterien erfüllte) Trump, Biden oder neuerdings auch Kamala Harris schlagen.
Skurrile Geschichte über überfahrenes Bären-Junges
Ganz frisch wartete der lange Jahre heroinabhängig gewesene Umwelt-Anwalt vor laufender Handy-Kamera mit der skurrilen Geschichte auf, er habe einmal im New Yorker Central Park ein überfahrenes Bären-Junges entsorgt. Nachdem er zunächst erwogen habe, das Tier zu häuten und das Fleisch in seinem Kühlschrank zu deponieren. Zu dem Vorgang, „der jeder Logik entbehrt”, wie US-Medien schrieben, gibt es sogar Fotos, die Kennedy zuließ.
Trump umgarnt Kennedy
Gleichwohl umgarnt Trump, der es auf potenzielle Kennedy-Wähler abgesehen hat, den Ehemann der bekannten Hollywood-Schauspielerin Cheryl Hines nach Kräften. Bei einem gemeinsamen Auftritt in Glendale/Arizona stieß Kennedy am Freitag auf der Bühne vor 17. 000 Zuschauern zu Trump, holte sich Lobpreisungen ab („phänomenaler Typ”, „brillant”) und rief als Dankeschön zur Wahl des 78-jährigen Ex-Präsidenten auf. Dass sich beide Männer vor nicht allzu langer Zeit ehrabschneidend verunglimpften, war vergessen. Kennedys Tenor: Es gibt viel mehr, was uns verbindet, als Dinge, die uns trennen.
Verschwörungstheorien jeder Art
Die Sichtweise auf seine eigenen politischen Nennwert kann damit nicht gemeint gewesen sein. Kennedy erklärte kurz vor der Show-Visite bei Trump, dass er in einem „ehrlichen System” die Präsidentschaftswahl im November gewonnen hätte. Leider seien „gnadenlose, systematische Zensur und Medienkontrolle“ dazwischen gekommen.
Als Übeltäter hat der für Verschwörungstheorien jeder Art (Impfungen sollen angeblich bei Kindern Autismus auslösen etc.) bekannte Kennedy die Partei seiner Familien-Dynastie ausgemacht. Die Demokraten seien „die Partei von Krieg, Zensur, Korruption, Big Pharma, Big Tech und des großen Geldes geworden“.
Tatsache ist: Kennedy rangierte zu besten Zeiten in einigen Umfragen bei 16 Prozent (heute drei) und besaß zu keiner Zeit einen realistischen Pfad zu 270 Stimmen im Wahlmänner-Gremium, das den Präsidenten auf Basis der „popular vote” wählt.
Kennedy verbreitete Thesen zum russischen Angriffskrieg
Bei seinem Kurz-Auftritt in Arizona verbreitete Kennedy die These, dass Russlands Angriffskrieg in der Ukraine auf das Konto des Westens gehe. Der habe nach dem Kalten Krieg ost- und mitteleuropäische Länder in die Nato gepresst und Russland damit provoziert. Selbst republikanische Trump-Fans in Washington sind entsetzt darüber, dass Kennedy „eins zu eins Parolen des Kreml nachplappert”.
Selbst geringe Stimmen-Kontingente könnten Ausschlag geben
Unterdessen blicken Wahlkampf-Analysten und Meinungsforscher in die Glaskugel und suchen Antworten auf die Frage, ob Kennedys Liebesdienst Trump tatsächlich helfen würde. Einvernehmen herrscht darüber, dass selbst geringe Stimmen-Kontingente am Ende im November den Ausschlag geben könnten.
Beispiel Michigan: In dem hoch umkämpften Bundesstaat mit der Auto-Metropole Detroit liegen Kamala Harris und Donald Trump nach aktuellen Umfragen nur knapp 0,3 Prozentpunkte auseinander. Kennedy rangierte dort zuletzt bei etwa fünf Prozentpunkten. Sechs Prozent der Wähler in Michigan waren noch unentschlossen.
Aus dieser Konstellation, so der Trump-Umfragen-„Papst” Tony Fabrizio, könnten die Republikaner Honig saugen, wenn sie Kennedy-Fans „gezielt ansprechen”.
Kennedys politische Aktie sei "stark gefallen"
Andere Experten wie Prof. Larry Sabato von der Universität in Virginia halten das für überdreht. Kennedys politische Aktie sei zuletzt stark gefallen. Es gebe auch die Möglichkeit, dass Kennedy-Sympathisanten der Wahl ganz fernbleiben oder zu Kamala Harris überlaufen, weil Donald Trump für sie ein „absolutes no-go ist”.
Kennedys Familie reagiert mit Wut und Empörung
Kennedys Familie reagiert mit Wut und Empörung auf die Wahlkampf-Hilfe für den Rechtspopulisten Trump. „Die Entscheidung unseres Bruders Bobby, Trump zu unterstützen, ist ein Verrat an den Werten, die unserem Vater und unserer Familie am Herzen liegen”, erklärte Kennedys Schwester, die Menschenrechtsaktivistin Kerry Kennedy. „Es ist das traurige Ende einer traurigen Geschichte.”
Kommentare