EU-Roaming-Entwurf: Kein Ende der Extrakosten

Nur 90 Tage garantiert gratis EU-Roaming
Nur 90 Tage garantiert gratis EU-Roaming pro Jahr. EU-Abgeordnete sind wenig erfreut.

Was vom Beschluss übrig blieb: Die EU-Staaten und das Europaparlament hatten im vergangenen Jahr ein weitgehendes Ende der Roaminggebühren beschlossen und die EU-Kommission beauftragt, Details auszuarbeiten. Die Details der Brüsseler Pläne zur Abschaffung der Auslands-Handygebühren für Reisende stoßen bei Verbraucherschützern nun auf Kritik.

Nach einem Entwurf sollen Handynutzer im EU-Ausland ab Juni 2017 mindestens 90 Tage pro Jahr zu denselben Kosten wie im Heimatland telefonieren und im Internet surfen können. Ist das Kontingent von knapp drei Monaten aufgebraucht, könnten Telekom-Anbieter demnach weiter Aufschläge berechnen. Sie können aber auch freiwillig längere Zeiträume ohne Extrakosten anbieten.

"Diese weitreichenden Einschränkungen bedeuten, dass das lange versprochene Ende des Roamings für die meisten europäischen Verbraucher keine Realität wird", so der europäische Verbraucherverband Beuc am Dienstag.

Kommission will Missbrauch verhindern

Die EU-Kommission steht auf dem Standpunkt, eine längere Nutzungsfrist könne Missbrauch ermöglichen. Denn man könnte sich einfach in jenem EU-Land mit den günstigsten Preisen eine SIM-Karte besorgen und in teuren Ländern auf Dauer damit telefonieren.

Der Verbraucherverband Beuc lässt das nicht gelten. "Erasmus-Studenten müssen immer noch eine örtliche SIM-Karte kaufen, wenn sie im Ausland studieren", kritisierte sein Rechtsexperte Guillermo Beltra. "Die Kommission scheint sich mehr um die kurzfristigen Interessen der Telekommunikations-Industrie zu kümmern als darum, einen echten Binnenmarkt für Verbraucher zu schaffen."

Auch der aus Österreich stammende netzpolitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Michel Reimon, sagte:

"90 Tage Roaming im Jahr ist eine Farce und eine vergebene Chance ein gemeinsames Europa weiter voranzutreiben."

Ein gemeinsames Europa dürfe nicht bei der Telefonrechnung enden. EU-Digitalkommissar Günther Oettinger sei ein Vertreter der Telekom-Industrie und ihr oberster Lobbyist.

Der heimische ÖVP-Europaabgeordnete Paul Rübig kritisierte wiederum, die von der EU-Kommission vorgeschlagene Einschränkung von 90 Tagen verhindere Wettbewerb in Europa. Ansonsten steht er dem Entwurf positiv gegenüber: "Trotzdem ist das Versprechen für Urlauber und Geschäftsreisende de facto erfüllt, dass Roaming-Zusatzgebühren abgeschafft werden. Unser Ziel ist: Das beste Angebot Europas soll für alle verfügbar sein."

Kommission versteht die Aufregung nicht

Die EU-Kommission verteidigte die Pläne am Dienstag. Das Mindestkontingent von 90 Tagen solle praktisch jeden Bedarf von Privat- und Geschäftsreisenden in der EU decken, sagte eine Sprecherin. "Die Betreiber können natürlich mehr anbieten."

Grenzpendler und Tagestouristen sind im Entwurf ausgenommen: Wer am selben Tag in zwei Netzen unterwegs ist, muss keinen Tag aus seinem Kontingent abhaken. Längere Auslandsaufenthalte ohne Zusatzkosten sind aber wohl nicht drin, denn nach 30 Tagen sollen Betreiber ein Einwählen im Heimatnetz verlangen können. Flatrate-Kunden sollen wenigstens den Durchschnittsverbrauch ihres Pakets nutzen können, bevor Auslandsgebühren anfallen.

Die Kommissionssprecherin betonte, die vorgeschlagenen Regeln gegen Missbrauch sollten verhindern, dass längerfristig die Preise steigen. Der Entwurf soll noch mit der EU-Telekom-Regulierungsbehörde Berec und den einzelnen EU-Staaten besprochen werden. Zuletzt waren die Roaming-Gebühren in der EU im Frühjahr gesenkt worden.

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