Renzi: Personalisierung des Referendums war Fehler

Italiens Premier Matteo Renzi verband Referendum mit seiner politischen Zukunft
Er habe sich zu stark auf die Auswirkungen der Volksbefragung auf seine Regierung konzentriert, sagt Italiens Regierungschef Matteo Renzi.

Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi steht vor der größten Herausforderung seiner fast dreijährigen Amtszeit. Falls die Italiener am Sonntag bei dem Verfassungsreferendum mit "Nein" stimmen, hat der Regierungschef seinen Rücktritt in Aussicht gestellt. Am Mittwoch hat Renzi Fehler im Wahlkampf eingestanden. Der größte Fehler sei die "Personalisierung" der Wahlkampagne gewesen. "Ich habe mich zu stark auf die politischen Auswirkungen der Volksbefragung auf meine Regierung konzentriert", sagte Renzi bei einem Wahlforum mit dem Chefredakteur der Tageszeitung La Repubblica, Mario Calabresi.

Es sei unbestreitbar, dass eine Niederlage beim Referendum Auswirkungen auf seine Regierung haben werde. "Am Sonntag wird nicht über Matteo Renzi gestimmt, doch dass das Referendum Folgen haben wird, ist offenkundig. Eine Regierung ist jedenfalls weniger wichtig als eine Reform, die Italien für die nächsten 50 Jahre verändern kann. Die Italiener müssen sich über die Reform aussprechen", sagte der Regierungschef.

Neue politische Phase

Nach dem Referendum werde eine neue politische Phase in Italien beginnen. "Ob 'Ja', oder 'Nein' siegt: Es wird auf jeden Fall die Demokratie gewinnen", versicherte Renzi.

Siegessicher zeigte sich auch die Autorin der Verfassungsänderung, Reformenministerin Maria Elena Boschi. Sie schloss am Mittwoch aus, dass die Regierung Renzi nach dem Referendum stürzen und durch ein Übergangskabinett ersetzt werden könnte. "Ich sehe nicht die Gefahr einer technischen Regierung in Italien", versicherte Boschi.

Auch Innenminister Angelino Alfano hofft auf einen Sieg des "Ja" im Namen der politischen Stabilität in Italien. Es sei wichtig, die Legislaturperiode bis zu ihrem natürlichen Ende 2018 zu führen, sagte der Minister.

Seit zwei Jahren arbeitet die Mitte-links-Regierung an der umfassenden Reform, die eine starke Einschränkung des Senats vorsieht. Es ist die erste Reform des italienischen Grundgesetzes seit 70 Jahren. Dabei soll die Zahl der Senatoren von 315 auf 100 reduziert werden. Die Kosten des Verwaltungsapparats sollen deutlich reduziert werden. Die Provinzen – mit Ausnahme von Südtirol und Trient – sollen abgeschafft werden.

Das Land scheint gespalten. Laut einer aktuellen Umfrage lehnt eine Mehrheit die Reform ab. Groß ist allerdings auch die Anzahl der Unentschlossenen. Hinzu kommen rund 1,2 Millionen Auslandsitaliener (fünf Prozent der Stimmberechtigten), die das Rennen entscheiden könnten.

  • Auslandsitaliener: Am Donnerstag läuft die Frist für die Briefwahl der Auslandsitaliener ab. Ihre Stimmen könnten sich für das Referendumsergebnis als entscheidend erweisen. Vier Millionen Auslandsitaliener sind wahlberechtigt. Aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre wird geschätzt, dass sich circa 1,5 Millionen Auslandsitaliener am Referendum beteiligen werden.
  • Ende des Wahlkampfs: Am Freitag geht eine der längsten Wahlkampagnen zu Ende, die Italien in der jüngsten Geschichte erlebt hat. De facto hat der Wahlkampf schon im Frühjahr begonnen. Premier Matteo Renzi wird den Wahlkampf in seiner Heimatstadt Florenz beenden. Der Gründer der populistischen Protestbewegung "Fünf Sterne", Beppe Grillo, der für das "Nein" zur Reform buhlt, plant seinen letzten Wahlkampfauftritt in Turin. Der Chef der rechtskonservativen Forza Italia, Silvio Berlusconi, hat einen letzten Wahlmarathon im Fernsehen angekündigt.
  • Wahllokale: Die Wahllokale sind von 7 bis 23 Uhr geöffnet. Gewählt wird an einem einzigen Tag. Da es sich um ein Referendum zur Absegnung einer vom Parlament gebilligten Verfassungsreform handelt, ist anders als bei anderen Volksbefragungen in Italien kein Quorum notwendig.
  • Wahlergebnisse: Mit Wahlergebnissen wird in der Nacht auf Montag gerechnet. Erwartet wird eine relativ niedrigen Wahlbeteiligung. Trotz des monatelangen und sehr scharfen Wahlkampfs gilt der Inhalt des Referendums über die Änderung breiter Teile der Verfassung als sehr technisch und könnte viele Wähler von den Urnen fernhalten.

Kommentare