Doch Wilders ist kein singuläres Phänomen aus den Niederlanden. Er ist europaweit in guter Gesellschaft: Auch wenn er sich im jetzigen Wahlkampf etwas weichgespülter zeigte als noch vor ein paar Jahren, den stets propagierten Ausstieg aus der EU etwa gar nicht thematisierte, ist sein Programm dasselbe wie bei allen anderen rechtspopulistischen und -extremen Parteien, die wieder reüssieren. In Italien regieren die Postfaschisten, in Frankreich würde Marine Le Pen den amtierenden Präsidenten Macron deutlich besiegen, und im deutschen Osten liegt die AfD überall auf Platz eins. Von Österreich nicht zu reden: Hierzulande ist die FPÖ in Umfragen seit fast einem Jahr Nummer eins.
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Andere Sorgen
Wie das sein kann? Auf den ersten Blick ist die Antwort einfach: Weil die Migration, nicht nur Wilders’ Lieblingsthema, sondern das aller Rechtspopulisten, das ungelöste Problem Europas ist.
Allein: Sieht man sich die Liste der Sorgen an, die die Niederländer zur Wahl hatten, wird das Problem komplexer. Dort waren es die marode Gesundheitsversorgung, die steigenden Lebenshaltungskosten und die Zuverlässigkeit der Regierung, die auf den ersten Rängen landeten, Migration fand sich nur auf Platz sechs. Ein Anti-Ausländer-Votum sieht anders aus – oder?
Jein. Denn Wilders verknüpfte all diese ungelösten Probleme – Ärzte- und Pflegermangel, Inflation und Teuerung – mit der Migrationsthematik. Frei nach dem Motto: Sind weniger Ausländer hier, bleiben dem Staat und damit „Henk und Ingrid“ – Wilders’ weißen, stereotypen Holländern – mehr Geld.
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Unfreiwillige Helfer
Damit hat man auch die Parallele zum Rest Europas gefunden. Es ist nicht nur die Migration selbst, die den Rechtspopulisten Wähler zutreibt, sondern deren Antwort auf die Schuldfrage bei den drängendsten Problemen. Wenn da noch Skandale hinzukommen, die Politiker auszusitzen versuchen – Ex-Premier Rutte, der 13 Jahre lang regierte, hatte nicht umsonst den „Namen Teflon-Mark“ –, zahlt das auf das Konto der Populisten ein: Wilders habe „unfreiwillige Helfer“ gehabt, schreibt ein niederländischer Kommentator. Er meint all die Parteien, die mit entrückter Politik über Jahre das Wählervertrauen verloren haben.
Dass es genau diese einst großen Volksparteien sind, die mit dem ehemaligen „Unberührbaren“ eine Koalition planen müssen, ist für sie besonders bitter. Mit ihm einen gemeinsamen Nenner zu finden, wird aber ohnehin problematisch: Seinen Versprechungen, alle Einwanderung zu stoppen, die Zahlungen an die EU zu kürzen und den Beitritt der Ukraine zu verhindern, wird wohl kaum einer zustimmen.
Wilders selbst ist dennoch zuversichtlich. „Ich werde ein Premier für alle Niederländer sein – egal wo man herkommt und welche Religion man hat“, versicherte er. Aussagen wie diesen schenkt Wilders’ Bruder wenig Glauben. Der sagte einst nur: „Geert verkauft den Menschen Illusionen.“
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