EU

Erdogan: EU-Parlamentsbeschluss zu Beitrittsgesprächen wertlos

Die Abstimmung zur Suspendierung der Beitrittsgespräche mit der Türkei hätte keine Bedeutung, sagte Erdogan am Mittwoch. Angela Merkel kritisierte Erdogan für seine repressive Politik, sprach sich aber gegen den Abbruch der Kontakte aus.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan misst der bevorstehenden Abstimmung im EU-Parlament zu einem möglichen Einfrieren der Beitrittsgespräche mit seinem Land keinerlei Bedeutung bei. "Egal wie das Resultat ausfällt: Diese Abstimmung hat für uns keinen Wert", sagte Erdogan bei einer Wirtschaftskonferenz islamischer Staaten am Mittwoch in Istanbul.

"Alleine dass das Europaparlament sich an so eine Abstimmung macht, ist Ausdruck dafür, dass es Terrororganisationen in Schutz nimmt und sich an deren Seite stellt", sagte Erdogan. Er kritisierte erneut, die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK könne in der EU ungehindert agieren.

"Keines der Versprechen wurde gehalten"

"Wir haben wiederholt klar gemacht, dass wir europäische Werte mehr als manche EU-Länder achten, aber wir haben keine konkrete Unterstützung von westlichen Freunden gesehen", sagte Erdogan. "Keines der Versprechen wurde gehalten."

Im Vorfeld der Abstimmung im EU-Parlament zeichnete sich eine deutliche Mehrheit für eine Resolution ab, die wegen des Vorgehens der türkischen Regierung nach dem Putschversuch vom Juli ein Einfrieren der EU-Beitrittsgespräche fordert. Ein Votum des Parlaments ist für die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten nicht bindend. Nach dem Umsturzversuch wurden schon mehr als 110.000 Staatsbedienstete entlassen, mehrere Tausend wurden festgenommen.

Merkel kritisiert Erdogan

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan scharf kritisiert, sich erneut aber gegen einen Abbruch der Kontakte ausgesprochen.

Die Einschränkung der Pressefreiheit und die Verhaftung von Abertausenden von Menschen sei nicht zu rechtfertigen, sagte Merkel am Mittwoch in der sogenannten Generaldebatte über die Regierungspolitik im Bundestag. Zugleich werde sie aber dafür, den Gesprächsfaden mit der Regierung in der Türkei aufrecht zu erhalten.

Merkel begrüßte in diesem Zusammenhang die jüngste Reise von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in die Türkei. "Auch ich werde den Gesprächsfaden natürlich aufrecht erhalten mit der Türkei", sagte die Kanzlerin. Deutschland habe ein Interesse daran, mit der Türkei in einer vernünftigen Art und Weise zu kooperieren. "Das schließt aber nicht aus, dass das, was alarmierend zu sehen ist, klar angesprochen wird", sagte Merkel.

Vorwürfe Erdogans, dass sich Deutschland nicht ausreichend am Kampf gegen den Terrorismus beteilige, wies sie zurück: Die Bundesregierung sei genauso wie jeder in Europa dem Kampf gegen Terrorismus verpflichtet.

Erste Rede seit Verkündung der Kandidatur

Es war die erste Rede der Kanzlerin im Parlament, nachdem sie am Sonntag angekündigt hatte, bei der Bundestagswahl in rund zehn Monaten wieder als CDU-Kanzlerkandidatin anzutreten. Die Generaldebatte ist in den Schlussberatungen über den Etat 2017 Höhepunkt der Haushaltswoche im Bundestag. Traditionell rechnet die Opposition bei diesem Schlagabtausch mit der Politik der Bundesregierung ab.

Der freiheitlichen EU-Abgeordnete Harald Vilimsky meinte in einer Aussendung am Mittwoch: "Was die Türkei angeht, so kann es nur eine Entscheidung geben: Die Beitrittsverhandlungen mit der EU sind umgehend zu beenden (...) Die Türkei hat in der EU einfach nichts verloren". Weiters forderte Vilimsky auch den sofortigen Stopp von Zahlungen an die Türkei aus der sogenannten Heranführungshilfe, die mit 4,5 Milliarden Euro dotiert ist. Die Türkei unter Erdogan sei eine "islamistische Präsidialdiktatur", die europäischen Werten diametral entgegenstehe.

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