RAF-Terror: Frauen mit Bomben und Pistolen
Diese Woche holte ein Stück Zeitgeschichte die Gegenwart ein. So wurde die frühere Terroristin der linksradikalen Roten Armee Fraktion Daniela Klette verhaftet.
Die heute 65-Jährige lebte seit mehr als 30 Jahren versteckt in Deutschland und anderswo.
Schon bei Baaders Befreiungsaktion waren fünf der sechs Bandenmitglieder Frauen
Es ist eine kleine Ironie der Geschichte, dass Klette in Berlin verhaftet wurde. Denn dort begann vor mittlerweile 54 Jahren die Geschichte der RAF. Am 14. Mai 1970 wurde der Kaufhaus-Brandstifter Andreas Baader bei einem Aufenthalt außerhalb der Justizanstalt von einer sechsköpfigen Bande befreit.
Danach bauten Baader, seine Freundin, die Linksaktivistin Gudrun Ensslin, und die prominente Journalistin Ulrike Meinhof die RAF auf, die bis zu ihrer Selbstauflösung 1998 Deutschland mit Bombenanschlägen, Attentaten, Entführungen und Banküberfällen in Atem hielt.
Ein besonderes Phänomen der RAF war ihr hoher Frauenanteil. Dass nun aus der letzten Generation der Terrororganisation wiederum eine Frau festgenommen wurde, passt in dieses Bild. Schon bei Baaders Befreiungsaktion waren fünf der sechs Bandenmitglieder Frauen.
Revolutionäre Speerspitze im Kampf gegen den Kapitalismus
Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin waren die ersten prägenden Gestalten der RAF. Meinhof verfasste die Bekennerschreiben und „Das Konzept Stadtguerilla“, eine Art politische Rechtfertigungsschrift für die Morde. Die RAF sah sich als revolutionäre Speerspitze im Kampf gegen den Kapitalismus.
Um das „System“ zu kippen, sollten dessen führende Repräsentanten liquidiert werden. So weit die Theorie. War Meinhof das Sprachrohr der Truppe, so war Ensslin die Finanzchefin. Zudem plante sie mit Baader die Anschläge. Weitere bekannte Terroristinnen waren Inge Viett, Susanne Albrecht und Brigitte Mohnhaupt. Mohnhaupt wurde die Chefin der zweiten RAF-Generation (siehe Grafik) und plante die Attentate im Zuge des sogenannten „Deutschen Herbstes“ von 1977.
Autoritärer Führungsstil
Ihr Führungsstil war laut Aussagen ehemaliger RAF-Angehöriger autoritär. Ihre Befehle habe sie in kurzen militärischen Sätzen formuliert. Nach ihrer Verhaftung 1982 wurde sie wegen neunfachen Mordes und mehrfachen Mordversuchs zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Am 25. März 2007 wurde Mohnhaupt trotz zahlreicher Proteste auf Bewährung entlassen und lebt seither völlig zurückgezogen in Deutschland.
Die Frauen und die RAF beschäftigten Polizei, Öffentlichkeit, Soziologen und Historiker schon in den 1970ern. Nach den Anschlägen von 1977 befanden sich unter den 16 „dringend gesuchten Terroristen“ zehn Frauen. Insgesamt betrug 1977 der Frauenanteil in der RAF laut Bundeskriminalamt 60 Prozent. Erklärungen dafür gab es viele, und sie entsprachen den damaligen Geschlechterklischees.
"Das alte Rollenverständnis hat für uns keine Rolle gespielt"
Demnach galten die weiblichen Mitglieder der RAF als „neue Amazonen“ und als „überemanzipierte“, „rücksichtslose“, besonders gewalttätige, „sexuell enthemmte Flintenweiber“. Demgegenüber steht die spätere feministische Deutung, wonach die RAF-Terroristinnen vor dem Hintergrund der 1968er-Bewegung keinen anderen Ausweg gesehen hätten, als das Patriarchat mit Gewalt zu bekämpfen.
Die RAF-Frauen selbst scheinen sich hingegen als „Revolutionäre“ und als „Kämpfer“ gesehen zu haben. Für die meisten Frauen in der RAF schien es bedeutungslos zu sein, dass sie Frauen waren. So sagte Inge Viett 1997 in einem Interview: „Wir sind alle nicht aus der feministischen Bewegung gekommen […] Wir haben nicht bewusst so einen Frauenbefreiungsprozess für uns durchleben wollen. Wir haben uns einfach entschieden, und wir haben dann gekämpft und dieselben Dinge getan wie die Männer. Es war für uns keine Frage Mann-Frau. Das alte Rollenverständnis hat für uns keine Rolle gespielt.“
Kommentare