Militärputsch im Niger: Generalstabschef schließt sich Putschisten an

Militärputsch im Niger: Generalstabschef schließt sich Putschisten an
Ein Nationaler Rat für die Rettung des Vaterlandes hat die Macht übernommen. Die Grenzen sind geschlossen, Ausgangssperre von 22.00 bis 5.00 Uhr.

Im westafrikanischen Land Niger haben Soldaten im Fernsehen die Machtübernahme der Armee verkündet.

Die Institutionen der siebenten Republik seien aufgelöst, die Luft- und Landesgrenzen geschlossen und es herrsche eine landesweite Ausgangssperre von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr, sagte Oberst Amadou Abdramane am späten Mittwochabend im nationalen Fernsehsender RTN.

Abdramane sprach von einem sogenannten Nationalen Rat für die Rettung des Vaterlandes, der die Macht übernommen habe. Offen war zunächst, ob Abdramane und die neun weiteren Soldaten im Fernsehen für die ganze Armee sprachen.

Abdramane, der von neun weiteren Offizieren in Uniform flankiert wurde, verlas eine Erklärung, in der es hieß, die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte hätten entschieden, "dem Regime, das Sie kennen, aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage und der schlechten Regierungsführung ein Ende zu setzen". Die Soldaten warnten vor jeder ausländischen Intervention.

Am Mittwochmorgen hatte die Präsidentengarde, eine Eliteeinheit der Armee, den seit 2021 amtierenden demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum (63) in seinem Palast in der Hauptstadt Niamey festgesetzt und den Zugang zum Palast und mehreren Ministerien gesperrt.

Das Präsidialamt erklärte dagegen zunächst über Internet-Plattformen, die Präsidentengarde habe erfolglos eine antirepublikanische Bewegung gestartet. Später wurde die Erklärung ohne Angabe von Gründen gelöscht.

Bazoum: Demokratie retten

Im Niger hat der vom Militär abgesetzte Präsident Bazoum die Bevölkerung aufgerufen, die Errungenschaften der Demokratie zu retten. Dafür würden die Menschen, die die Demokratie lieben, sorgen, schrieb er am Donnerstag auf dem Kurznachrichtendienst X (früher Twitter).

Die Wahl Bazoums im Jahr 2021 war der erste demokratische Machtwechsel in dem bitterarmen westafrikanischen Land, in dem das Militär seit der Unabhängigkeit von Frankreich 1960 viermal geputscht hat. Ein erfolgreicher Putsch wäre ein schwerer Rückschlag für die Bemühungen europäischer Staaten, islamistische Gruppierungen in der Sahel-Zone zu bekämpfen.

Umsturz mit weitreichenden Folgen

Ein Umsturz hätte weitreichende Folgen. Der Niger gehört mit seinen rund 26 Millionen Einwohnern zu den ärmsten Ländern der Welt. Der Niger war nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde, und damit ein wichtiger Partner der USA und der EU im Kampf gegen wachsende Instabilität in der Region.

Erst Ende vergangenen Jahres hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen.

Bereits 2021 kam es in dem westafrikanischen Land zu einem Putschversuch als eine militärische Einheit versuchte, wenige Tage vor dem Amtsantritt Bazoums den Präsidentenpalast zu stürmen.

Damals schlug die Präsidentengarde den Angriff jedoch zurück.

Blinken fordert Freilassung

International riefen die Vorgänge noch vor dem Verkündung im Fernsehen scharfe Verurteilungen hervor. Unter anderem die Vereinten Nationen, die EU, die USA und die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas forderten eine Freilassung Bazoums und die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung. Den Informationen der EU zufolge liefen noch am Abend Verhandlungen mit den Putschisten.

 "Ob es sich technisch gesehen um einen Staatsstreich handelt oder nicht, kann ich nicht sagen, das müssen die Juristen entscheiden, aber es handelt sich eindeutig um einen Versuch, die Macht mit Gewalt zu ergreifen und die Verfassung zu stören", sagte US-Außenminister Anthony Blinken auf einer Pressekonferenz in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington.

"Wir verurteilen jeglichen Versuch, die Macht mit Gewalt zu ergreifen", so Blinken weiter. Die USA seien in Kontakt mit der Regierung des Nigers sowie mit ihren Partnern. Es gebe Bemühungen, die Situation friedlich zu lösen. Erst bei einem Telefonat mit Bazoum habe er klargemacht, dass die USA diesen als den demokratisch gewählten Präsidenten des Nigers unterstützten.

Nach Angaben von EU-Diplomaten sprachen auch EU-Chefdiplomat Borrell und EU-Ratspräsident Charles Michel am Mittwoch zweimal mit Bazoum, der demnach bis zuletzt mit seiner Familie in seiner Residenz war.

Auch UN-Generalsekretär António Guterres sprach mit Bazoum, wie ein Sprecher auf Twitter mitteilte. Er habe seine volle Unterstützung und Solidarität zum Ausdruck gebracht.

Das deutsche Außenministerium erklärte am Donnerstag, die Ereignisse im Niger würden mit großer Sorge verfolgt. "Wir verurteilen den Versuch von Teilen des Militärs, die verfassungsmäßige demokratische Ordnung Nigers umzustoßen und fordern diese auf, den demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum unverzüglich freizulassen und in ihre Unterkünfte zurückzukehren. Die diesbezüglichen Bemühungen der Afrikanischen Union und der Regionalorganisation ECOWAS haben unsere volle Unterstützung."

Generalstabschef schließt sich Putschisten an

Der Generalstab der nigrischen Armee will nach eigenen Angaben "die Erklärung" der Putschisten "unterschreiben" und damit "das Regime" von Präsident Mohamed Bazoum "beenden". Die Armeeführung habe "beschlossen, sich der Erklärung der (...) Sicherheitskräfte anzuschließen, um "eine mörderische Konfrontation zwischen verschiedenen Kräften zu vermeiden", hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung von Generalstabschef Abdou Sidikou Issa.

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