Putin und Kim: Zwei "Verschmähte" senden Westen eine Botschaft

Kim Jong-un in Wladiwostok
Das erste Treffen des Kremlchefs mit dem Diktator aus Pjöngjang steht im Zeichen des Atomstreits. Doch kann es etwas bewegen?

Kim Jong-un geht es offensichtlich gern gemütlich an, und das nicht nur in Bezug auf Sport. Zu Staatsbesuchen reist der nordkoreanische Machthaber in der Regel nicht im Privatjet an, sondern im Privatzug. Spitzengeschwindigkeit: 60 km/h – mehr erlauben die massiv gepanzerten, luxuriös ausgestatteten Waggons nicht.

Seine jüngste Reise führt Kim ins benachbarte Russland, wo er am Mittwoch in der Grenzstadt Chassan der Tradition entsprechend mit Brot, Salz und Blumen empfangen wurde.

Noch schnell auf Hochglanz poliert

Damit nur ja keine Schliere den Auftritt des jungen Diktators trüben konnte, war dessen ohnehin blitzblanker Zug bei der Einfahrt in den Bahnhof noch schnell von mitjoggenden Hilfskräften poliert worden, wie der TV-Sender Rossija 24 zeigte.

Nach weiteren sieben Stunden Fahrt erreichte Kim am Abend Wladiwostok, das als Endstation der Transsibirischen Eisenbahn, der längsten Bahnstrecke der Welt, berühmt ist.

In der Pazifikmetropole soll er heute, Donnerstag, erstmals mit Kremlchef Wladimir Putin zusammentreffen.

Neuer „Fahrplan“?

Das letzte bilaterale Treffen zwischen Russland und Nordkorea fand 2011 statt. Dabei standen sich der damalige Kremlchef Dmitri Medwedew und der noch im selben Jahr verstorbene, wie sein Sohn bahnbegeisterte Kim Jong-il gegenüber. Auch Putin hatte Kim Jong-il getroffen – 2001 während seiner ersten Präsidentschaft.

Aus Sicherheitsgründen waren Ort und Zeitpunkt der heutigen Zusammenkunft lange geheim gehalten worden, ebenso die Agenda. Gestern hieß es, dass der 35-jährige Kim seinen 31 Jahre älteren Gastgeber auf einem Uni-Campus auf der kleinen Insel Russki besuchen würde. Die beiden dürften vor allem über Nordkoreas international geächtetes Atomprogramm sprechen.

Zwei Monate nach dem Scheitern des jüngsten Gipfels zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump in Vietnam – wohin der Nordkoreaner auch im Zug reiste – will Putin laut einem Kreml-Mitarbeiter einen russisch-chinesischen „Fahrplan“ für Nordkoreas Abrüstung anregen. Radikal neue Initiativen seien aber ausgeschlossen, sagte Kreml-Mitarbeiter Yuri Ushakow dem Guardian.

Putin trägt Sanktionen mit

Auch Experten setzen keine großen Hoffnungen in den Gipfel. Dieser sei vor allem, eine Geste in Richtung Westen, hieß es in zahlreichen Kommentaren. Putin, der die UN-Sanktionen gegen Nordkorea grundsätzlich mittrage und deshalb zu Jahresende Zehntausende nordkoreanische Arbeitskräfte ausweisen werde, wolle sich vor dem großen „Seidenstraßen-Gipfel“ in Peking am Freitag wohl als weltpolitischer Player in Erinnerung rufen.

Nordkorea dagegen hoffe auf wirtschaftliche Hilfen und eine gewisse Fürsprache. Immerhin sieht Moskau die Forderung der USA, Nordkorea müsse vor einem ersten wirtschaftlichen und politischen Entgegenkommen Abrüstung nachweisen, nicht so eng.

„Es treffen sich zwei Verschmähte“, urteilt die Süddeutsche Zeitung, „die einander ein Stück weit aus ihrer Isolation helfen möchten.“

Kommentare