Putin: Kein Ende, bevor wir nicht haben, was wir wollen
Der russische Präsident Wladimir Putin hat einmal mehr klargemacht, dass er im Ukraine-Krieg nicht kompromissbereit ist: Der "Einsatz" werde erst dann beendet, wenn die Ukraine den Kampf einstelle und die Forderungen Russlands erfüllt würden, sagte Putin laut dem Kreml am Sonntag in einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte indes, dass im Ukraine-Krieg die Demokratien weltweit verteidigt werden.
Die westlichen Sanktionen gegen sein Land kämen "einer Kriegserklärung" gleich, erklärte Putin. Er warnte zudem Richtung Kiew: "Die derzeitigen Machthaber müssen verstehen, dass sie die Zukunft der ukrainischen Eigenstaatlichkeit infrage stellen, wenn sie weiterhin tun, was sie tun." Putin habe aber auch gesagt, er sei dialogbereit, auch mit ausländischen Partnern. Jeder Versuch, den Verhandlungsprozess in die Länge zu ziehen, werde aber scheitern. Der "Militäreinsatz in der Ukraine", wie der Krieg in Russland auf Putins Befehl genannt wird, laufe nach Plan.
Macron weiter auf Draht zu Putin
Erdogan erneuerte laut seinem Präsidialbüro seine Forderung nach einer Waffenruhe und betonte, dass die Türkei bereit sei, zur friedlichen Lösung des Konflikts beizutragen. Es müssten für eine Waffenruhe, für die Öffnung "humanitärer Korridore" und für die Unterzeichnung eines Friedensabkommens dringend Schritte eingeleitet werden. Das NATO-Mitglied Türkei unterhält enge Beziehungen zur Ukraine und zu Russland. Am Sonntag telefonierte auch der französische Präsident Emmanuel Macron neuerlich mit Putin, nachdem dieser am Samstag überraschend den israelischen Premier Naftali Bennett empfangen hatte.
Von der Leyen hob nach einem Gespräch mit dem deutschen Kanzler Olaf Scholz den grundsätzlichen Charakter des Ukraine-Kriegs hervor. "Das ist nicht nur ein Kampf der Ukraine gegen Russland", sagte sie dem US-Sender CNN. "Es geht auch um den Kampf der Demokratien gegen die Autokratien, und deshalb ist es für uns wirklich existenziell, die Ukraine und ihre großartige Führung auf jede erdenkliche Weise zu unterstützen."
Selenskyj appellierte an Russen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinerseits wandte sich direkt an die russische Bevölkerung und rief sie zu Protesten gegen die Invasion der Ukraine auf. "Bürger Russlands! Für Sie ist es nicht nur ein Kampf für den Frieden in der Ukraine! Dies ist ein Kampf für Ihr Land", sagt Selenskyj in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache, bei der er für den Appell von der ukrainischen in die russische Sprache wechselt. Wenn die Russen jetzt schwiegen, drohe ihnen selbst Armut und Unterdrückung.
Selenskyj zufolge sind Hunderte russische Soldaten in Gefangenschaft seines Landes geraten. "Hunderte, Hunderte Gefangene. Unter ihnen sind Piloten von Flugzeugen, die unsere Städte bombardiert haben. Unsere Zivilisten", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft, die er am Sonntag im Nachrichtenkanal Telegram veröffentlichte. Diese Aussagen ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
"Ihr wollt, dass wir langsam umgebracht werden"
An die Ukrainer gewandt sagte Selenskyj: "Wir kämpfen darum, wo die Grenze verlaufen wird. Zwischen Leben und Sklaverei." Einmal mehr richtete sich der ukrainische Staatschef auch an die Menschen in Russland: "Die Bürger der Russischen Föderation treffen jetzt gerade genau die gleiche Wahl. In diesen Tagen. In diesen Stunden. Zwischen Leben und Sklaverei."
In einer weiteren Videobotschaft bekräftigte Selenskyj auch seinen Appell, eine Flugverbotszone über seinem Land einzurichten. Der von den Anstrengungen der ersten zehn Kriegstage sichtlich gezeichnete Präsident beschuldigte die Invasoren, den Flughafen im westukrainischen Winnyzja mit acht Raketen "vollständig zerstört" zu haben. Es gebe die "Pflicht, uns zu schützen, Menschen zu schützen", betonte er. Wenn ihr das nicht tut oder uns nicht zumindest Flugzeuge gebt, damit wir uns selbst schützen können, gibt es nur eine Schlussfolgerung: Ihr wollt, dass wir langsam umgebracht werden."
Dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zufolge bewegt sich Russland weiter in Richtung Autoritarismus. Der Krieg des russischen Präsidenten gegen die Ukraine spiegle sich in Russland in Zensur und dem systematischen Vorgehen gegen Medien, Journalisten und Nichtregierungsorganisationen (NGO) wider, schrieb der Spanier am Sonntag auf Twitter. Die jüngsten Razzien gegen NGOs sowie die Sperrung von Facebook und Twitter seien "klare Schritte des weiteren Autoritarismus und der Selbstisolation Russlands". Die russische Medienaufsicht hatte am Freitag sowohl Facebook als auch Twitter blockiert.
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