Erdogan-Anhänger pressen "Oranje" aus
Zwischen den Niederlanden und der Türkei bahnt sich eine diplomatische Krise an. Nachdem die Regierung in Den Haag dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu die Landeerlaubnis verweigert hatte und die Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya als "unerwünschte Ausländerin" erklärte, drohte Präsident Recep Tayyip Erdogan, dass die Niederlande "den Preis dafür zahlen" werden. Die Antwort werde in der "schwersten Art und Weise" ausfallen, sagte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim. Finanzminister Naci Agbal betonte, Europa wolle den "Nationalsozialismus" wieder auferstehen lassen.
Doch nicht nur von offiziellen Politik scheint es Kritik an die niederländische Regierung zu geben. Vor dem türkischen Konsulat in Rotterdam, wo ein Wahlkampfauftritt von Cavusoglu stattfinden hätte sollen, wurde eine Demonstration von rund 1.000 Menschen mit türkischen Flaggen in der Nacht auf Sonntag mit Wasserwerfern und berittenen Polizisten aufgelöst. In Düsseldorf haben spontan bis zu 250 Türken demonstriert. Sie versammelten sich vor dem niederländischen Generalkonsulat in Düsseldorf-Golzheim, wie die Polizei mitteilte. Zwischenfälle gab es demnach nicht.
In der türkischen Stadt Izmit - im Nordwesten der Türkei - reagierte die lokale Jugendorganisation der Erdogan-Partei AKP mit martialischen Gesten. In Sozialen Netzwerken gehen Bilder viral, auf denen junge Männer mit Orangen zu sehen sind. Sie halbieren die Frucht, pressen sie aus und trinken anschließend den Saft. Das "Evet" auf den T-shirts bedeutet "Ja" zur Verfassungsreform, die Erdogan in der Türkei anstrebt.
Orange gilt gemeinhin als die Farbe der Niederlande. Sie geht zurück auf das Königshaus Oranien-Nassau, das seit Jahrhunderten auf dem Thron sitzt. Das Haus Oranien stammt ursprünglich aus der französischen Provinz Orange, woher sich auch der Name ableitet. Obwohl Blau die Farbe des Hauses Nassau war, setzte sich Orange immer mehr duch. Das bekannteste Beispiel ist freilich die niederländische Fußballnationalmannschaft, die "Oranje". Sie spielt in in orangefarbenen Trikots, und bei ihren Siegen verwandelt sich das Land in einen Flaggenmeer in Orange.
Niederlande verbietet Einreise
Zur Erinnerung: In der Nacht auf Sonntag war es zur offenen Konfrontation gekommen. Familienministerin Kaya war aus Deutschland mit dem Auto nach Rotterdam gefahren, nachdem die Niederlande dem Flugzeug von die Landerechte entzogen hatten. Sie wurde aber von der Polizei daran gehindert, das Konsulat in Rotterdam zu betreten. Nachdem die Ministerin zur unerwünschten Person erklärt und aufgefordert worden war, die Niederlande zu verlassen, ließ sie sich von der Polizei nach Deutschland eskortieren und flog zurück in die Türkei.
In Ankara und Istanbul wurden daraufhin niederländische Vertretungen abgeriegelt - "aus Sicherheitsgründen". Ein Demonstrant drang in das niederländische Konsulat ein und ersetzte die Fahne des Landes durch die türkische Flagge. Der Mann rief vom Dach der Vertretung "Gott ist groß", wie auf einem Video zu sehen war.
Wahlkampfauftritte türkischer Politiker
In den vergangenen Tagen gab es mehrere Zwischenfälle mit türkischen Politikern. Staatschef Erdogan versucht, mit Wahlkampfauftritten in den EU-Staaten die dort lebenden türkischstämmigen Bürger für sein Referendum (16. April) zu gewinnen, das die Rechte des Parlaments stark beschneidet und in der EU als Angriff auf die Demokratie gewertet wird. Immer öfters ist der "Rabia-Gruß" zu sehen.
Insgesamt gut sieben Millionen Türken bzw. türkischstämmige Menschen leben in der EU. Die meisten davon in Deutschland mit rund drei Millionen. Frankreich folgt mit etwa 900.000, Bulgarien liegt mit 800.000 auf Platz drei. Österreich wird auf Rang sechs mit 360.000 bis 500.000 geführt. Ein Sonderfall ist Zypern, wo rund 300.000 Türken in der von Ankara besetzt gehaltenen "Türkischen Republik Nordzypern" leben.
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