Proteste gegen Rassismus in Brasilien

Proteste gegen Rassismus in Brasilien
Schwarzer wurde von Wachmännern eines Supermarktes totgeprügelt; Videobeleg.

Die geballten Fäuste sind in die Luft gereckt, irgendjemand versprüht blutrote Farbe auf das verschlossene Gitter des Carrefour-Supermarktes im Shopping-Center Norte in Rio de Janeiro. Hunderte überwiegend schwarze Brasilianer sind gekommen, um gegen Rassismus zu demonstrieren. Am Freitag war in einem der Carrefour-Supermärkte in Porto Alegre ein afrobrasilianischer Mann von mindestens zwei weißen Mitarbeitern eines Sicherheitsdienstes getötet worden.

Das Video von dem Vorfall bewegt vor allem die Afro-Brasilianer. „Ich bin hier, um gegen den Mord von Joao Roberto zu demonstrieren, weil auch schwarze Leben zählen. Carrefour muss endlich Maßnahmen ergreifen, dass sich so ein Verhalten, dass es schon lange gibt, nicht wiederholt“, sagt Luiz Felipe Berin (29) im Gespräch mit dem KURIER.

Die brasilianische Regierung aber weist die Rassismus-Vorwürfe zurück. Der rechtspopulistische Präsident Jair Bolsonaro vermutet, diese seien „importiert“, um die Brasilianer verschiedener Hautfarben gegeneinander aufzuwiegeln, Hass zu säen und die Nation zu spalten. Vizepräsident Herman Mourao erklärt: „Ich sage Ihnen in alle Ruhe, es gibt keinen Rassismus.“

Doch Menschenrechtsorganisationen oder die Vereinten Nationen sehen das anders. In einer als Reaktion auf den Vorfall verweist das UN-Büro in Brasilien darauf, dass insgesamt 75 Prozent der Mordopfer in Brasilien schwarzer Hautfarbe seien. „Die Debatte über die Eliminierung des Rassismus und der rassistischen Diskriminierung ist dringend und notwendig“, heißt es in der UN-Stellungnahme.

Tatsächlich ist die afrobrasilianische Bevölkerung in zahlreichen Sektoren der Gesellschaft unterrepräsentiert. Nur 6,6 Prozent der Posten auf mittlerer und höherer Führungsebene sind von afrobrasilianischen Arbeitskräften besetzt, berichtete erst vor wenigen Tagen der Index für Ethnische Gleichheit in Unternehmen (IIRE). Das Brasilianische Institut für Geographie und Statistik hat ermittelt, dass im Jahr 2018 afrobrasilianische Frauen im Schnitt 1283 Real verdienten, weiße Brasilianerin hingegen 2234 Real. „Schwarze Frauen besetzen weniger Führungspositionen. Und besitze weniger formale Arbeitsverträge“, sagte Daniela Verzola Vaz von Universität Federal Sao Paula damals bei der Vorstellung der Studie.

Die Menschenrechtsorganisation „EDUCAFRO“ fordert nun die Umsetzung von Sofortmaßnahmen. Sie schlägt eine zwingende Anti-Rassismus-Schulung für Sicherheitspersonal in Kaufhäusern vor. Carrefour soll bis Ende März nächsten Jahres 30 Prozent aller Posten auf der Führungsebene mit afrobrasilianischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzen. Laut „Folha“ wurde das Unternehmen inzwischen aus der Unternehmer-Initiative für ethnische Gleichheit ausgeschlossen.

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