Premier kämpft um politisches Überleben

Auch Mariano Rajoy soll in einen riesigen Parteispenden-Skandal verwickelt sein. Er bestreit dies, muss aber nun nach massivem Druck dem Parlament Rede und Antwort stehen.

Ehe Luis Bárcenas vergangene Woche in Madrid dem Untersuchungsrichter vorgeführt wurde, hatte er um eine Krawatte gebeten. Der Mann legt Wert auf Stil, er ist ja nicht irgendein Häftling: Um den ehemaligen einflussreichen Finanzchef der konservativen Partido Popular (PP) dreht sich in diesem Sommer die gesamte spanische Innenpolitik.

Premier kämpft um politisches Überleben
epa03635829 Former PP treasurer Luis Barcenas leaves the Audiencia Nacional court after declaring before judge Pablo Ruiz about the alleged illegal payments in the Spanish People's Party in Madrid, Spain, 22 March 2013. Barcenas is under pressure after Spanish newspaper 'El Pais' published handwritten papers stating that the PP could have been distributing 'black cash bonuses' to members for years until not long ago. Barcenas has refused to give statement before the judge or to undergo another calligraphic test to establish if the papers published by 'El Pais' are real or not. EPA/Zipi
Seine Freunde, die er über Jahre mit braunen Kuverts voll mit 500-Euro-Scheinen versorgte, sind heute seine größten Feinde. Sie sitzen an der Spitze der spanischen Regierung. Am meisten fürchtet den eleganten Mann mit silbergrauem HaarMinisterpräsident Mariano Rajoy. Medienberichten zufolge hat er seit 1997 Geld vom Oberbuchhalter der PP erhalten, zuletzt wurden Rajoy noch im März 2010 rund 25.000 Euro übergeben. Davon weiß er aber nichts mehr, sagt er.

SMS

Nun packt Bárcenas aus. Die Tageszeitung El Mundo, das Blatt der Konservativen, hat eine Serie von SMS-Nachrichten veröffentlicht. In einer SMS, die Rajoy erst vor drei Monaten geschrieben hat, heißt es: „Luis, ich verstehe dich. Bleib stark. Un abrazo (eine Umarmung).“ Rajoy kann diese Nachricht und das Zusatzgehalt aus der Schwarzgeld-Kassa das politische Leben kosten, das Vertrauen und seine Integrität hat er verloren. Da hilft auch nicht, zu dementieren, Geld von Bárcenas bekommen zu haben.

Rajoy und seine Partei befürchten, dass der Untersuchungshäftling noch mehr Informationen ans Tageslicht bringen könnte, im Gefängnis hat er seine Strategie geändert. Nachdem Rajoy nicht mehr zu ihm hält – bis Anfang des Jahres stand Bárcenas mit 21.000 Euro noch auf der Gehaltsliste der PP, obwohl er seit 2010 nicht mehr im Amt war. Jetzt greift der Jagdfan in seinen Giftschrank, wo gefährliche Papiere lagern. El País schreibt, dass Bárcenas Kartons mit Dokumenten aus seinem Büro geschafft hat.

Rajoy packt Angst

Das jagt Rajoy, einem farblosen Juristen und Parteidiener, Angst ein. Nach außen hin ist er standhaft, Aussitzen ist seine Devise. Rücktrittsforderungen weist er zurück, „der Rechtsstaat beugt sich keiner Erpressung“, sagt er.

Doch die oppositionellen Sozialdemokraten schmieden Pläne, wie ein Misstrauensantrag im Parlament – wo die PP die absolute Mehrheit hat – durchgehen könnte. Um dem zu entkommen, will er Ende Juli die Flucht nach vorne antreten und im Parlament zur Spendenaffäre seiner Partei Stellung beziehen.

Rache

Vom illegalen Finanzierungssystem der PP will er weiterhin nichts wissen. Über 20 Jahre hinweg wurden Spenden von Unternehmern – vornehmlich aus der Baubranche – an PP-Politiker ausbezahlt. Auftragsvergabe gegen Parteisteuer – das war angeblich der Deal. Dabei ist auch Bárcenas reich geworden. Sehr reich sogar. Auf Schweizer Konten lagerten zeitweise mehr als 48 Millionen Euro. Weil Kontobewegungen darauf schließen ließen, dass er seine Flucht plante, wurde er Ende Juni in U-Haft genommen. Jetzt schlägt er zurück: Er will Rache an Rajoy.

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