Präsident Zemans politisches Ende: Tragikomödie voll Streit und Intrige

Präsident Zemans politisches Ende: Tragikomödie voll Streit und Intrige
Der Staatschef auf der Intensivstation, der abgehende Regierungschef im Kleinkrieg, das Parlament beim Tauziehen um Amtsenthebung

War Präsident Milos Zeman bereits bewusstlos, als man ihn ins Krankenhaus einlieferte? Lag er in den Tagen danach im Koma, oder plauderte er fröhlich drauflos, wie Politiker, die ihn besuchten, behaupten. Wie ist sein tatsächlicher Zustand jetzt, und kann er jemals ins Amt zurückkehren? In Tschechien herrscht zehn Tage nach den Parlamentswahlen vor allem eines: Verwirrung um den Staatschef und um den eigentlich anstehenden Machtwechsel.

Offenes Geheimnis

Montag Abend machten die Ärzte des Prager Militärkrankenhauses endlich offiziell, was in der Prager Politik seit Tagen ein offenes Geheimnis war: Der Präsident ist nicht mehr amtsfähig, und er werde es, den Prognosen der Ärzte zufolge, auch nicht mehr werden.

Die Mitteilung aber löste in Prag weniger Betroffenheit als politischen Kleinkrieg aus. Vertreter des Parlaments werfen der Präsidentschaftskanzlei auf der Prager Burg vor, bereits vor einer Woche über Zemans Zustand informiert worden zu sein. Man habe den aber gezielt verheimlicht.

Erfundene Besuche?

Tatsächlich hatte der Leiter der Präsidentschaftskanzlei, Vratislav Mynar, in den Tagen danach noch Besuche von Politikern bei Zeman organisiert. Die berichteten danach von einem gut gelaunten Staatschef, der sich rege in die aktuellen Entwicklungen nach den Parlamentswahlen eingemischt habe.

Alle Räder stehen still

Diesem kommt nach der tschechischen Verfassung eine entscheidende Rolle bei der Bildung einer neuen Regierung zu. Denn dafür ist ein offizieller Auftrag des Präsidenten notwendig. Solange also Zeman auf der Intensivstation liegt, schweigt, aber nicht seines Amtes enthoben ist, stehen alle politischen Räder in Prag still.

Damit aber wird auch der Machtwechsel verzögert, den die Parlamentswahlen eingeleitet haben. Premier Andrej Babis und seine Partei ANO, die seit 2017 regieren, sind von einem Bündnis konservativer Parteien unter dem Titel „Spolu“ („gemeinsam“) geschlagen worden. Der Chef des Bündnisses, der Konservative Petr Fiala, führt zwar inzwischen Gespräche über eine neue Regierung, der offizielle Auftrag aber dafür fehlt.

Entmachtung

Doch mit dem jetzt offiziellen Befund kommt die Sache ins Laufen. Den Präsidenten seines Amtes zu entheben, ist Sache des Parlaments, und zwar beider Häuser, also Senat und Abgeordnetenhaus. Die wollen dieses Verfahren nun ab 5. November rasch durchziehen. Damit übernehmen der amtierende Premier – also Babis – und der Chef des Abgeordnetenhauses die Aufgaben des Staatschefs.

Ruf nach Entlassung

Doch mit der Affäre rund um Zemans verheimlichte Erkrankung ist es damit noch nicht vorbei. Inzwischen hat die Polizei Ermittlungen aufgenommen, es geht um „Verbrechen gegen die Republik“.

Premier Babis, der eigentlich als enger Verbündeter Zemans galt, fordert jetzt den sofortigen Rücktritt von Vratislav Mynar und weiterer enger Mitarbeiter Zemans. Dessen Vorgehen sei absolut unangebracht und inakzeptabel. Niemals hätte man Politiker zum Präsidenten ans Krankenbett lassen dürfen. Babis hat sich bereit erklärt, in Opposition zu gehen. Sein letzter Akt als Regierungschef könnte damit die endgültige Entmachtung seines ehemaligen Verbündeten und dessen Teams sein.konrad kramar

Kommentare