All diesen Akteuren sei es nicht gelungen, die rumänische Demokratie auszuhebeln, so Schmitt – trotz Desinformationskampagnen und „enormem Druck“ von innen wie außen. Dies sei ein Zeichen dafür, wie sehr sich Rumänien seit dem Fall des Kommunismus vor 35 Jahren verändert habe.
"Das Land ist gespalten"
Nichtsdestotrotz stehe Dan jetzt vor einer schwierigen Herausforderung: „Das Land ist gespalten in einen ländlichen, kleinstädtischen, europaskeptischen Raum und in einen städtischen, proeuropäischen. Das zu überwinden, wird nicht einfach.“
Ob es gelingen wird, hängt Schmitt zufolge davon ab, wie Dan künftig kommunizieren und welche Gesten er zum Ausdruck bringen werde. Eine erste solche sei schon gewesen, dass er seine Stimme am Sonntag nicht in Bukarest, sondern in seiner Heimatstadt Făgăraș abgegeben habe.
Ein wichtiger und nicht allzu teurer Ansatz, um das Land wieder zu vereinen, liege zudem in der Bildung: „Es gibt viele funktionale Analphabeten, die politische Bildung ist gering ausgeprägt.“ Die Rechtsextremen hätten auch deshalb punkten können, weil sie Unwahrheiten über die rumänische Geschichte manipulativ verbreitet hätten.
Für die proeuropäischen Kräfte in der EU ist das Wahlergebnis jedenfalls eine gute Neuigkeit. Dan ist einer von ihnen, ein Unterstützer der Ukraine. Schmitt sieht Potenzial für Rumänien, unter Dan sogar eine bedeutendere Rolle auf dem Kontinent einzunehmen: „Vielleicht steht beim nächsten Besuch europäischer Staats- und Regierungschefs in Kiew neben Keir Starmer, Emmanuel Macron, Friedrich Merz und Donald Tusk (Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Polen) dann auch Dan.“
"Großes Interesse, im Süden für Ruhe zu sorgen"
Auf dem Westbalkan könne Rumänien ebenfalls ein prägenderer Akteur werden: „Rumänien ist eingezwängt zwischen einem instabilen Balkan-Raum und der Ukraine, wo Russland Krieg führt. Deshalb dürfte es ein großes Interesse geben, im Süden für Ruhe zu sorgen.“ Bukarest könne sich etwa in Gebieten zu Wort melden, in denen es starke Demokratiebewegungen gebe – beispielsweise Serbien, zu dessen Massendemonstrationen Rumänien bislang geschwiegen habe.
Bevor der neue Präsident dazu kommen wird, sich europapolitisch zu profilieren, steht jedoch eine große innenpolitische Aufgabe an: Die Regierungskrise zu überwinden. Als Präsident hat er die Macht, den nächsten Regierungschef zu bestimmen – der bisherige, der Sozialdemokrat Marcel Ciolacu, ist kürzlich zurückgetreten.
Dan erklärte bereits, sich den liberalen Reformpolitiker und aktuellen interimistischen Staatspräsidenten Ilie Bolojan als künftigen Premier zu wünschen. Ohne die postkommunistischen Sozialdemokraten geht sich eine Regierung aber aktuell nicht aus – und die hat Dan stets scharf für ihre Korruptheit kritisiert. In der Praxis könnte es mit der Zusammenarbeit also schwierig werden. Neuwahlen hat Dan bereits ausgeschlossen.
Kommentare