„Präsident der Reichen“ will Kinder aus Armutsfalle holen

Frankreich: Emmanuel Macron will „den Mozart in jedem Kind“ fördern. Dabei setzt er voll auf Bildung.

Wie üblich, könnte man sagen. Französische Präsidenten erleiden circa im zweiten Amtsjahr einen eklatanten Popularitätseinbruch. Der 2017 triumphal gewählte Querstarter Emmanuel Macron ist da keine Ausnahme: Laut Umfrage vertrauten ihm zuletzt nur mehr 31 Prozent – genauso wenige wie bei seinem gescheiterten Vorgänger Francois Hollande im Vergleichszeitraum.

Aber während der Sozialist Hollande als Zauderer galt, muss der Zentrumspolitiker Macron mit dem Vorwurf kämpfen, er sei ein „Präsident der Reichen“, der Sozialpartner brutal übergehe.

Voreilige Kommentatoren hatten gedacht, Macron würde nun, bei seiner Präsentation eines „Plans gegen die Armut“ am Donnerstag, einen ausgleichenden Schwenk zugunsten breitenwirksamer Schmankerl vollziehen und quasi Abbitte leisten für sein steuerpolitisches Entgegenkommen gegenüber Unternehmern und Spitzenverdienern. Aber das hieße, Macrons Entschlossenheit zu verkennen.

Neun Millionen Arme

Der nämliche Plan ist zwar auf acht Milliarden Euro für vier Jahre veranschlagt, aber de facto handelt es sich um eine Umschichtung sozialer Ausgaben. Die Vorschulerziehung soll durch Krippenplätze für Kinder aus armen Familien gefördert werden, in Brennpunkt-Vierteln sollen die Schulkantinen ein Mittagessen um einen Euro und ein Gratisfrühstück anbieten. Unter den neun Millionen Menschen in Frankreich, die in Armutsverhältnissen leben, befinden sich drei Millionen Kinder.

Das ist die eine Facette der Prinzipien von Macron, der die ungleiche Verteilung der Ausgangschancen wettmachen möchte. So hatte er bereits die Klassenschülerzahl in Volksschulen der Brennpunkt-Viertel halbieren lassen. Dazu zitierte Macron jetzt den Schriftsteller Antoine de Saint Exupery: „In jedem Kind, und vor allem in einem Kind, das in einer armen Familie geboren wird, steckt ein Mozart, dem man keine Chance lässt, ein Mozart zu werden.“

Die andere Facette ist die vorgesehene „Zusammenfassung“ etlicher Sozialstützen zu einem „vereinfachten“ Aktivitäts-Grundeinkommen, das den Beziehern „zusätzliche Pflichten“ abverlangt: „Mehr als zwei vernünftige Beschäftigungsangebote wird man nicht ablehnen können“, warnt Macron.

In der Summe zielt Macron auf eine drastische Verringerung der Sozialausgaben Frankreichs, die er vor dem Sommer als verschleuderte „Wahnsinns-Moneten“ gegeißelt hatte. Vor allem aber sägt Macron an den Renten der mittelständigen Pensionisten, um Gelder für junge Jobsucher freizuschaufeln. Das ist zukunftsorientiert, aber kurzfristig für Macron riskant: Die Rentner stellen ein Drittel der Wähler, 78 Prozent dieser Gruppe hatten 2017 für ihn gestimmt.

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