Politik zwischen Märkten und Mindestrentnern

"Pensionen ja, Delogierungen nein": Demonstration gegen den Sparkurs in Portugal
Nach dem Sturz der rechten Regierung in Portugal sorgen Pläne der Sozialisten für Turbulenzen.

975 Millionen Euro: Die konservative Boulevardzeitung Correio da Manha rechnete es in ihrer Schlagzeile vor. Soviel würden auch nur die ersten Maßnahmen einer sozialistischen Regierung kosten: Erhöhung der Mindestlöhne von 500 auf 600 Euro, Rücknahme der Sondersteuern für kleine Renten und der Kürzungen der Beamtengehälter.

Präsident schweigt und verhandelt

Auf diese Maßnahmen hat sich Antonio Costa, Parteichef der Sozialisten (PS) mit seinen Partnern geeinigt. Costa war es – erstmals in der erst 40-jährigen Geschichte des demokratischen Portugal – gelungen, sämtliche linken politischen Gruppierungen des Landes in einem Bündnis zu vereinigen. Das deklarierte Ziel: Sturz der Mitte-rechts-Regierung von Premier Passos Coelho. Die hatte bei den Wahlen vom 4. Oktober ihre absolute Mehrheit eingebüßt, war aber trotzdem von Präsident Anibal Cavaco Silva angelobt worden.

Doch schon das Programm der neuen Regierung wurde im Parlament abgeschmettert. Ein Rücktritt war unausweichlich. Jetzt drängt Sozialistenchef Costa den Präsidenten, ihn mit der Regierung zu beauftragen. Es gebe keine Zeit zu verlieren. Doch der Präsident – Parteifreund des konservativen Coelho – schweigt und berät sich hinter verschlossenen Türen mit Politikern, Experten und natürlich auch Vertretern der EU-Institutionen.

Wankt das Wunderkind?

In Brüssel, aber auch bei internationalen Finanzinstituten wie dem IWF, wächst die Besorgnis. Mit einem Hilfspaket von 78 Milliarden Euro hat die EU das Land 2011 vor dem Bankrott gerettet. Coelho, der danach die Regierung übernahm, zog das mit den internationalen Geldgebern vereinbarte, beinharte Sparprogramm durch. Das brachte die Wirtschaft wieder auf einen, wenn auch schwächlichen Wachstumskurs und bremste das Schuldenmachen ein.

Ohne politische Erschütterungen verlief das allerdings nicht: Es kam zu Massenprotesten und Streiks, eine halbe Million junge Portugiesen verließ das Land, weil sie keine Zukunft für sich sah. Am Sparkurs, das haben die Sozialisten auch gegenüber den EU-Partner angekündigt, werde man grundsätzlich festhalten. Man wolle nur die sozialen Härten reduzieren. Ob das die teilweise linientreu marxistischen Bündnispartner allerdings akzeptieren, wird von vielen bezweifelt.

Dass eine linke Regierung den Sparkurs tatsächlich beenden könnte, halten politische Beobachter allerdings für unwahrscheinlich. Ein Staatsbankrott wäre die Folge, und den werde auch ein Premier Costa nicht riskieren, wie ein Kommentator eines portugiesischen Fernsehsenders erläutert: "Sehr groß ist der politische Spielraum der Regierung nicht. Das haben wir ja in Griechenland gesehen."

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