Die nächste Richtungsentscheidung: Polen wählt neuen Präsidenten

A combination picture shows Karol Nawrocki and Rafal Trzaskowski, leading candidates in the Polish presidential election
Nach Rumänien entscheidet diese Woche auch Polen, ob es einen Proeuropäer oder einen rechten Blockierer als Präsidenten will. Ein Rechtsextremer gilt als Königsmacher.

Er hat gewonnen und gleichzeitig eine Niederlage erfahren: Der zentristische, proeuropäische Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski erreichte in der ersten Runde der polnischen Präsidentenwahl am 18. Mai nur etwas über 31 Prozent und lag damit viel knapper als erwartet vor dem nationalkonservativen Populisten Karol Nawrocki, der 29,5 Prozent holte.

Die Stichwahl findet diese Woche Sonntag statt. Es geht dabei nicht nur ums Präsidentenamt. Die Abstimmung wird auch darüber entscheiden, wie handlungsfähig die Regierung im Land die nächsten Jahre sein wird. Trzaskowski ist der Kandidat von Ex-EU-Ratspräsident und nun Premier Donald Tusks Partei, der „Bürgerplattform“ (PO). Nawrocki wird von „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) gestützt, die auch hinter dem aktuellen Präsidenten Andrzej Duda steht.

Die Grenze Duda

Seit Tusk 2023 an der Spitze der Regierung das Ruder von der PiS übernommen hat, stößt er regelmäßig an die Grenze Duda. Der Präsident blockiert Tusks Maßnahmen, etwa eine Lockerung des strengen Defacto-Abtreibungsverbots. Das führt dazu, dass die Regierung an Popularität verliert, weil sie Versprochenes nicht umsetzt.

Vor dem ersten Wahlgang hatte es noch so ausgesehen, als würde Trzaskowski es recht sicher ins Präsidentenamt schaffen – und Tusk damit die Arbeit erleichtern. Nach dem knappen Ergebnis der ersten Runde und angesichts der insgesamt 20 Prozent, die zwei andere rechte Kandidaten hatten, könnte es im Finale nun eng werden.

Dabei ging Bürgermeister Trzaskowski als der weitaus bekanntere Kandidat ins Rennen. Vor den TV-Debatten wussten viele gar nicht, wer der Historiker Nawrocki war. Aber genau in diesen schaffte der rechte Politiker es, sich – nach anfangs eher hölzernen Auftritten – immer mehr zu profilieren. In den Schlagzeilen war er zudem, weil er US-Präsident Donald Trump besuchte.

Gegner Trzaskowski sorgte für Diskussionen, weil er zu einer TV-Debatte einlud, aber nicht alle Kandidaten. Selbst trat er bei rechten Sendern nicht auf – was den Anschein erweckte, er wolle so kontrollieren, mit wem er rede.

Auch aus der eigenen Partei gab es Kritik: Gerade die rechten Medien hätten eine nützliche Plattform sein können, hieß es. Denn er stürzte sich auf die bei deren Publikum beliebten Themen Migration und Sicherheit, ging eher rechts der Mitte auf Wählerfang.

Links und rechts

Vor der Stichwahl versucht Trzaskowski nun vermehrt, die Linkswähler abzuholen. Gleichzeitig ist er nach wie vor auf Stimmen von rechts angewiesen – ein schwieriger Balanceakt.

Nawrocki hat es jedoch ebenfalls nicht ohne Ungeschicke durch den Wahlkampf geschafft. Im Gegenteil: Ihm ist ein Fauxpas unterlaufen, der hohe Wellen schlug.

In einer Fernsehdebatte antwortete er auf die Frage, ob er eine Steuer für Eigentümer mehrerer Immobilien wolle, mit „Nein“. Er besitze aber auch nur „eine einzige Wohnung, wie normale Polen“, betonte er. Diese Behauptung stellte sich als falsch heraus, wie Medien aufdeckten: Nawrocki besaß eine zweite Wohnung. Laut dem Politiker habe er sie für einen langjährigen Nachbarn in Besitz genommen, damit dieser dort gepflegt werden könne. Recherchen zeigten aber, dass besagter Nachbar in einem Altersheim lebt. Und dass Nawrocki zusammen mit seiner Schwester sogar noch eine dritte Wohnung besitzt.

Was macht Mentzen?

Wie das Duell ausgeht, dürfte besonders davon abhängen, ob bzw. wie jene Menschen wählen werden, die dem Steuerberater und Bierbrauer Sławomir Mentzen von der rechtsradikalen Partei Konfederacja in der ersten Runde nicht ganz 14 Prozent beschert haben. Denn er sprach vor allem jene an, die weder PO noch PiS wählen wollten – die Parteien, die das politische Geschehen in Polen seit zwei Jahrzehnten dominieren.

Am Donnerstag hat Nawrocki daher acht Forderungen von Mentzen als Wahlversprechen unterschrieben. Darunter: Einspruch gegen alle EU-Verträge, die einen weiteren Transfer von Kompetenzen an die Union bedeuten würden. Und ein Veto gegen den NATO-Beitritt der Ukraine.

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